Mehr Vermögensmillionäre, wachsende Mittelschicht – so steht es um die Einkommensverteilung in der Schweiz
In der Schweiz sind die Einkommen zwischen 2007 und 2019 spürbar gestiegen. Konkret verdiente ein Schweizer Haushalt 2019 im Durchschnitt knapp über 70 000 CHF – das ist ein Plus von 7 300 CHF oder eine Erhöhung von 11,5%. Doch wen trifft diese Entwicklung und wie? Mit dem Bank Cler Swiss Income Monitor (BCSIM) zeigt die Bank Cler auf, wie sich die Löhne und Einkommen in der Schweiz entwickelt haben und wie sich diese verteilen. Die Erhebung weist in der Mitte der Gesellschaft eine insgesamt stabile Verteilung der Einkommen aus. Hingegen gab es in den Rändern Bewegung. So stieg auf der einen Seite die Quote der Armutsgefährdung leicht an, während auf der anderen Seite die Anzahl Vermögensmillionäre um beachtliche 63% auf 350 000 Haushalte anstieg.
Zusammen mit dem Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Economics hat die Bank Cler die Einkommensverteilung der Schweiz und der Kantone für die Jahre 2007 bis 2019 analysiert. Datengrundlage bildet das Reineinkommen pro Schweizer Haushalt auf kantonaler Ebene für die Jahre 2007 bis 2019 von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV). Bei Doppelverdienern ist das Haushaltseinkommen das gemeinsam verdiente Geld. Die Informationen von 2019 sind die aktuellsten Daten, die derzeit zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse werden im Bank Cler Swiss Income Monitor jährlich dokumentiert und illustriert.
Es liegen gute Zeiten hinter uns
Zuletzt wütete Corona, nun ein Krieg in Europa und die Inflation belastet die Wirtschaft. Dennoch ist es gesellschaftlich wichtig, den grossen Blick auf die Entwicklung der Löhne, der Einkommen und letztlich der Auswirkungen auf die Vermögensverteilung in der Schweiz zu behalten. Dieser Blick zurück zeigt, dass von 2007 bis 2019 tatsächlich gute Zeiten hinter uns liegen. Gute Zeiten für fast alle. Der Bank Cler Swiss Income Monitor belegt, dass die Einkommen im Beobachtungszeitraum spürbar gestiegen sind. Das Schweizer Durchschnittseinkommen ist in allen Jahren ausser 2012 und 2015 angestiegen, von 2018 auf 2019 allein um über 1 100 CHF. Natürlich gibt es regionale Unterschiede: So schwingen im Kanton Zug, Schwyz und Glarus die Zahlen nach oben, der Kanton Wallis weist das tiefste Einkommensniveau auf. Der Kanton Genf ist der einzige Kanton, bei welchem sich die Einkommen im Schnitt rückläufig entwickelt haben.
Trotz Turbulenzen – der Trend zeigte immer nach oben
«Die Durchschnittseinkommen sind durch Spitzenverdiener häufig verzerrt», erläutert Bank Cler CEO Samuel Meyer. Will man wissen, was der «Normalbürger» oder die «Normalbürgerin» verdient, ist ein Blick auf den sogenannten «Median», also das «mittlere Einkommen», hilfreich. Im Vergleich zum Durchschnittseinkommen von knapp über 70 000 CHF, beträgt das Medianeinkommen 2019 nur 53 600 CHF. Doch auch hier ging es seit 2007 stets aufwärts, in Franken um 4 500 oder in Prozent um 9,2. «Während dieser Zeit gab es mit der Finanzkrise, der Eurokrise und der Aufhebung des Mindestkurses wirtschaftliche Turbulenzen – der Trend zeigte trotz allem immer nach oben», analysiert Samuel Meyer.
Das Einkommen der Mittelschicht in der Schweiz ist gewachsen
«Menschen vergleichen sich gerne», weiss Samuel Meyer. Und als CEO einer Bank richtet er den Blick auf seine Kundinnen und Kunden. Deshalb legt der BCSIM die sogenannte Mittelschicht fest. Und zwar so: Zur Mittelschicht gehört, wer ein Einkommen von 70% bis 150% des Medianwertes nach Hause trägt, wer als Haushalt also zwischen 37 000 und 80 000 CHF pro Jahr verdient. Darunter und darüber siedelt der Bank Cler Income Monitor die Unter- und die Oberschicht an. Das eröffnet einen interessanten Blick auf die Unterteilung der in der Schweiz lebenden Menschen. 35% der Haushalte gehören somit zur Unterschicht, die Mittelschicht liegt bei 37%, die Oberschicht umfasst 28%. Samuel Meyer: «Seit 2007 ist die Einkommensschwelle zur Mittelschicht in der Schweiz um über 9% gestiegen.»
Die Steuern machen den Unterschied – aber nicht nur
Schaut man auf die Schweizerkarte liegen die steuergünstigen Kantone Zug, Schwyz und Nidwalden an der Spitze des Rankings. Im Kanton Zug beträgt das Durchschnittseinkommen (nicht das Median-Einkommen) über 116 000 CHF, das sind 46 000 CHF mehr als der Schnitt der Kantone; Schwyz folgt mit 102 000 CHF, Zürich weist 80 000 CHF und Genf 77 000 CHF auf. Damit erreichte neben dem Kanton Zug erstmals ein weiterer Kanton ein Durchschnittseinkommen von mehr als 100 000 CHF. «Es ist nicht nur der Steuerfuss, der die Unterschiede erklärt, sondern ebenso die Branchenstruktur», legt Samuel Meyer diese Fakten aus. In Zürich ist mit Banken und Unternehmensberatungen der Finanzsektor angesiedelt, in Genf kommt zusätzlich der Rohstoffhandel hinzu – hier sind Löhne und Einkommen hoch. Am tiefsten liegt das Niveau im Wallis und im Jura mit Durchschnittseinkommen von 55 000 und 51 000 CHF. Dort bietet das verarbeitende Gewerbe kleinere Löhne an.
Immer mehr Millionäre
Wer wüsste es nicht: Geld verdient man nicht nur mit Arbeit. Mehr noch als die Einkommen sind zwischen 2007 und 2019 die Vermögen gestiegen. Samuel Meyer: «Den grössten Sprung nach oben haben die Immobilien- und die Börsenwerte gemacht.» Begünstigt durch diese Entwicklung stieg die Anzahl der Vermögensmillionäre um beachtliche 63% auf mehr als 350 000 an, was 6,5% aller Haushalte ausmacht. Anteilig wohnen am meisten Millionäre in den Kantonen Zug (14,2% aller Haushalte), Schwyz (13,4%), Appenzell-Innerrhoden (11,6%), Nidwalden (11,2%) und Zürich (9,5%). Das Gesamtvermögen der Millionäre hat sich seit 2007 um ganze 80% erhöht, das durchschnittliche Vermögen um 12,6%. «Aber es haben sich nicht nur die Vermögen der Millionäre vermehrt», betont Samuel Meyer mit einem abschliessenden Blick auf das Ganze. Denn die Studie zeigt: In der Summe haben Schweizerinnen und Schweizer einen Vermögenszuwachs um knapp 55% auf ein Gesamtvolumen von 4,871 Billionen CHF verbuchen können. Samuel Meyer weiss, dass solche ökonomischen Betrachtungen nicht überinterpretiert werden sollten: «Die Realität heute ist, dass die Inflation derzeit vielen Menschen ihren Einkommensgewinn von gestern zunichtemacht.»