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Bank Cler

Wie Emojis unsere Sprache verändern

Sie peppen Textnachrichten emotional auf: Emojis. Doch welchen Einfluss haben diese kleinen Bildchen auf unsere Sprache? Die Linguistin Christa Dürscheid erklärt uns, worauf es beim Umgang mit den digitalen Symbolen zu achten gilt.

«Cler» wie klar

Bank Cler – bei uns ist der Name Programm. Cler bedeutet einfach, klar und deutlich. In der aktuellen Ausgabe unseres Magazins blu widmen wir uns auf vielfältige Weise dem Thema Klarheit.

Sind Emojis die neuen Buchstaben?

Emojis sind stets nur das Beiwerk. Stellen Sie sich vor, Sie müssten dieses gesamte Interview nur mit Emojis schreiben oder sozusagen zeichnen – wäre das möglich? Nein! Emojis eignen sich zur Illustration, aber es ist nicht möglich, längere Texte damit zu gestalten. Man versuche nur einmal, den Satz «Gerne wäre ich gestern gekommen, wenn ich Zeit gehabt hätte», in Emojis auszudrücken. Das ist auch deshalb nicht möglich, weil die grammatikalischen Zeitformen und logischen Verbindungen fehlen.

Können Emojis die Bedeutung einer Nachricht verändern?

Ja. Emojis verändern nicht den Text selbst, der bleibt derselbe. Aber sie beeinflussen, wie man den Text wahrnimmt. Absender und Empfänger einer Nachricht können Emojis unterschiedlich interpretieren. Dadurch kann sich die Botschaft einer Nachricht verändern. Dies geschieht besonders häufig zwischen Menschen aus unterschiedlichen Generationen oder Kulturkreisen. Ein Beispiel: Emojis stammen aus Japan. Dort wünscht man sich «Viel Glück» mit dem bekannten Kothaufen-Emoji. Wir in der westlichen Kultur interpretieren das Symbol aber ganz anderes – nämlich als «Mist» oder als «Shit happens».

Bedeutet das, dass wir uns jedes Mal gut überlegen sollten, bevor wir eine Emoji verwenden?

Nein. Wichtig ist nur, dass man Emojis nicht gedankenlos und geradezu inflationär verwendet. Im übertragenen Sinn gilt auch hier, was schon Paracelsus sagte: «Die Dosis macht das Gift.» Besondere Zurückhaltung ist mit Emojis angezeigt, die eine negative Stimmung ausdrücken. Sie lassen ihren Absender tendenziell unsympathisch wirken.

Sind Emojis eine Unterstützung oder eine Barriere in der Kommunikation?

Ich halte sie für eine Bereicherung. Zu einer Nachricht gehört zum einen der Inhalt, also der Text. Zum anderen wird aber auch auf der Beziehungsebene etwas ausgedrückt. Wenn man beispielsweise auf den Vorschlag einer Freundin ohne Emojis antwortet, könnte diese die Antwort als «kühl» oder gar als «sarkastisch» auffassen. Fügt man jedoch ein passendes Emoji hinzu, wirkt die Nachricht wärmer, authentischer und die Intention wird klarer.

Sie befassen sich seit längerem mit Emojis. Wie hat sich die Wahrnehmung im Laufe der Zeit verändert?

Die ersten Emojis lösten einen kleinen Hype unter Jugendlichen aus. Die Medien hingegen zeigten sich kritisch. Sie warfen zum Beispiel die Frage auf, wohin die Reise geht, wenn Menschen nur noch mit Bildern kommunizieren und sich nicht mehr die Mühe machen, ihre Gedanken in Worte zu fassen. Doch das ist ohnehin nicht geschehen. Mittlerweile sind Emojis nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Und oft ist es vor allem die ältere Generation, die sie häufig verwendet. Öffentliche Aufmerksamkeit erregen Emojis höchstens noch, wenn neue Symbole eingeführt werden.

Sprachforscherin

Christa Dürscheid ist emeritierte Professorin der Universität Zürich. Im Laufe ihrer Karriere hat sie fünf Bücher zum Thema Linguistik veröffentlicht. Von 2011 bis 2015 leitete sie das vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte Projekt zur Untersuchung von SMS-Nachrichten in der Schweiz, was ihren Einstieg in die Welt der Emoji-Forschung markierte. Unter dem Account Variantengrammatik teilt Prof. Dr. Christa Dürscheid auf X und auf Bluesky @christaduerscheid.bsky.social täglich Gedanken zur Sprache.

Mehr zum Thema Klarheit im Magazin «blu».