Die Einflüsse der prägenden Entwicklungen – von Corona über den Ukrainekrieg bis zur Inflation – auf Wirtschaft, Gesellschaft und die Einkommen sind enorm! Es ist erwiesen: Krisen hinterlassen tiefe Spuren auch bei den Einkommen und ihrer Verteilung. Die Auswirkungen in der quantitativen Analyse können erst mit einbezogen werden, wenn die dafür notwendigen detaillierten Informationen vorliegen – dies immer erst vier Jahre später.
Mit der aktuellen Ausgabe beschäftigen wir uns mit der Entwicklung 2007−2019. Mit jeder jährlichen Aktualisierung verändert sich die Einkommensverteilung in der Schweiz nicht grundsätzlich, sondern mehr punktuell. Beispielsweise sind das mittlere und das durchschnittliche Einkommen 2019 stärker gewachsen als im Durchschnitt der Jahre davor. Diese Erhöhung der Einkommen ist regional breit gestreut und konzentriert sich nicht auf einzelne einkommensstarke Kantone. In allen Kantonen verdienen die Haushalte im Mittel mehr als noch 2018. Erstmals gibt es zwei Kantone, in denen das Durchschnittseinkommen über 100 000 Franken liegt. Und die Verteilung der Reineinkommen ist mit kleineren Schwankungen seit 2011 konstant, d.h. sie wird weder ungleicher noch gleicher.
Die genauen Resultate finden Sie im nachfolgenden BCSIM.
1 Summary
Einkommensentwicklung – Das Median-Haushaltseinkommen ist in der Schweiz um 9,2% gestiegen
In der Schweiz sind die Einkommen zwischen 2007 und 2019 spürbar gestiegen. Dies gilt sowohl für das Durchschnittseinkommen wie auch für das Medianeinkommen. Der durchschnittliche Haushalt konnte somit von der positiven Wirtschaftsentwicklung profitieren. Das mittlere Reineinkommen (Median) der Schweizer Haushalte beträgt rund 53'600 CHF. Im Beobachtungszeitraum ist dieses um 4'500 CHF angestiegen (+9,2% total, +0,7% pro Jahr). Das mittlere Reineinkommen ist im steuergünstigen Kanton Zug am höchsten und liegt dort bei 68'400 CHF (+13,6%). Als nächstes folgen im Ranking die Kantone Basel-Landschaft (59'900 CHF, +5,3%) und Zürich (59'700 CHF, +11,8%). Im Tessin (44'600 CHF, +0,2%) und im Wallis (42'400 CHF, +10,1%) zeigen sich die geringsten mittleren Reineinkommen.
Einkommensverteilung – Grosse Unterschiede im kantonalen Vergleich
Insgesamt ist die Verteilung der Einkommen in der Schweiz im Vergleich mit anderen Ländern eher ausgeglichen, wobei skandinavische Staaten sowie unsere deutschsprachigen Nachbarn noch geringere Einkommensunterschiede zeigen. Im kantonalen Vergleich zeigen sich jedoch grössere Unterschiede: Die Reineinkommen der obersten 10% der Haushalte reicht von mindestens 106'200 CHF im Kanton Wallis bis mindestens 199'900 CHF im Kanton Zug (Schweiz: 131'100 CHF). Damit liegt dieser Wert in der ganzen Schweiz bei über 100'000 CHF. Die Hälfte aller Haushalte im Kanton Zug hat ein Einkommen von mehr als 68'400 CHF, womit Zug auch bei diesem Wert an der Spitze des Rankings liegt. Hingegen verdient im Kanton Wallis die Hälfte aller Haushalte weniger als 42'400 CHF, im Kanton Tessin weniger als 44'600 CHF.
Einkommensverteilung - Stabile Entwicklung über die Zeit
Obwohl es im Beobachtungszeitraum (2007-2019) grosse wirtschaftliche Herausforderungen wie die Finanzkrise, Eurokrise oder die Aufhebung des Mindestkurses gab, ist die Einkommensverteilung in der Schweiz über die Zeit sehr stabil geblieben.
Die Kantone mit der ausgeglichensten Verteilung der Einkommen sind gemäss Gini-Koeffizient Uri, Aargau und Solothurn. Eine ungleiche Einkommensverteilung zeigt sich in Zug, Schwyz und Genf. Der Anteil der Mittelschicht am Gesamteinkommen liegt bei 26,8% und ist damit um 0,9%-Punkte tiefer als noch im Jahr 2007, während der Unterschicht einen Anstieg von 0,2% und die Oberschicht einen Anstieg von 0,7% verzeichneten.
2 Einkommensentwicklung
In diesem Kapitel wird die Entwicklung des Haushaltseinkommens im Laufe der Zeit betrachtet. In der Tat umfasst das Einkommen eines Haushaltes mehr als nur Löhne. Es können ebenso Renten, Mieteinnahmen und andere Kapitalerträge dazu gehören. Aus diesen ungleichen Einkommensquellen können sich zahlreiche unterschiedliche Definitionen des «Einkommens» ergeben, die in verschiedenen Statistiken erhoben werden. Für einen Vergleich ist es zentral, die Definition zu kennen und eine einheitliche Definition zu verwenden.
Im Bank Cler Swiss Income Monitor BCSIM werden als «Einkommen» die Reineinkommen der Steuerstatistik betrachtet. Das Reineinkommen ergibt sich, wenn man vom steuerpflichtigen Bruttoeinkommen (Löhne, Renten, erhaltene Alimente sowie Kapital- und Mieterträge) die steuerlich relevanten Aufwendungen (wie ausserordentliche Sozialversicherungsbeiträge, gegebene Alimente, Einzahlung 3. Säule und Schuldzinsen (z.B. Hypothekarzinsen) und die allgemeinen Abzüge (wie z. B. Krankheitskosten oder Aufwendungen für Aus- und Weiterbildungen) abzieht. Diese Einkommensdefinition eignet sich besonders gut für einen gesamtschweizerischen Vergleich, da einheitliche und umfassende Daten für alle Kantone zur Verfügung stehen, was auch die Analyse spezifischer Veränderungen im Zeitablauf (z.B. Steuerreformen) ermöglicht. Darüber hinaus berücksichtigt dieses Einkommenskonzept alle Einkommensquellen und trägt der Lebenswirklichkeit des «gewöhnlichen» Haushaltseinkommens Rechnung.
Anstieg der Einkommen in der Schweiz
Wie viel «verdient» eigentlich ein Schweizer Haushalt im Durchschnitt? Im Jahr 2019 gut 70'400 CHF. Zwischen 2007 und 2019 stieg das durchschnittliche Reineinkommen um fast 7'300 CHF an; das entspricht einer Erhöhung von insgesamt 11,5%. Im Schnitt entspricht dies einem Einkommenszuwachs von 600 CHF pro Jahr. Fokussiert man auf die einzelnen Jahre, so zeigt sich die Auswirkung der Finanzkrise lediglich in einer Abschwächung der Wachstumsdynamik in den Jahren 2009 und 2010. Das Schweizer Durchschnittseinkommen ist in allen Jahren ausser 2012 und 2015 angestiegen, von 2018 auf 2019 allein um über 1'100 CHF.
Einkommensentwicklung

Reineinkommen in CHF, Wachstumsrate in %
Quelle: ESTV, BAK Economics
Generell kann man festhalten, dass sowohl das Durchschnittseinkommen (+0,9% pro Jahr) wie auch das Median-Einkommen (+0,7% pro Jahr) in der Schweiz im Beobachtungszeitraum in ähnlichem Umfang angestiegen sind.
Entwicklung des Medianeinkommens
Medianreineinkommen in CHF
Quelle: ESTV, BAK Economics
Steuergünstiger Kanton Zug zeigt die höchsten Einkommen
In welchen Kantonen sind die Einwohner finanziell gut gestellt? Und wo müssen sie sich mit weniger zufrieden geben? Betrachtet man die einzelnen Kantone, so liegen die steuergünstigen Kantone Zug, Schwyz und Nidwalden an der Spitze des Rankings der Durchschnittseinkommen. Der Kanton Zug zeigt mit gut 116'700 CHF das höchste kantonale Durchschnittseinkommen. Damit liegt Zug etwa 46'300 CHF höher als der Gesamtschweizer Durchschnitt. Erstmals erreichte neben Zug ein weiterer Kanton ein Durchschnittseinkommen von mehr als 100'000 CHF. Im Kanton Schwyz verdienen die Haushalte im Schnitt rund 102'300 CHF. Nach Zug und Schwyz folgen die Kantone Nidwalden (90'000 CHF), Zürich (80'600 CHF), Obwalden (79'900 CHF) und Genf (77'800), wobei Zürich und Genf nicht zu den steuergünstigsten Kantonen zählen. Die Steuerbelastung ist also nicht der einzige Faktor, der die Unterschiede erklärt. Eine weitere Ursache für die hohen Einkommen dieser Kantone findet sich in der Branchenstruktur. In Zürich ist es der ausgesprochen grosser Finanzsektor, welcher mit hohen Löhnen und grossen Boni die Einkommen nach oben treibt. Zudem sind im Kanton Zürich viele Unternehmensberatungen und Wirtschaftsprüfer niedergelassen. Auch in dieser Branche sind die Einkommen überdurchschnittlich hoch. Genf verfügt ebenfalls über einen grossen Finanzsektor und zusätzlich über den Rohstoffhandel, wo die Einkommen hoch sind.
Am unteren Ende des Rankings befinden sich die Kantone Jura und Wallis mit einem Durchschnittseinkommen von 55'000 CHF und 51'400 CHF. Auch in diesen Kantonen lässt sich das tiefe Einkommensniveau unter anderem mit der Branchenstruktur erklären. In beiden Kantonen sind die Hochlohnbranchen untervertreten und die Wirtschaftsbereiche mit eher tieferen Einkommen dafür relativ stark. Im Kanton Wallis sind beispielsweise fast 10% der Beschäftigten im Gastgewerbe tätig, während dieser Anteil im Schweizer Durchschnitt bei lediglich 4,5% liegt. Auch im Kanton Jura ist ein grosser Anteil der Beschäftigung in Branchen mit niedrigeren Einkommen tätig. 35% der Beschäftigung sind im verarbeitenden Gewerbe des Kantons angesiedelt. Dazu gehören aber auch die Pharma- und die Uhrenindustrie, zwei Sektoren, die ein hohes Produktivitäts- und generell ein gutes Lohnniveau aufweisen. Betrachtet man die ganze Schweiz, arbeiten nur 15% aller Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe.
Kanton Obwalden holt am stärksten auf, gefolgt von Basel-Stadt und Uri
In drei Kantonen ist das Durchschnittseinkommen zwischen 2007 und 2019 um mehr als 20% gestiegen (Schweiz: +11,5%): Im Kanton Obwalden um etwa 37%, in Basel-Stadt um 22% und in Uri um knapp 22%. Dagegen stagnierte das Durchschnittseinkommen in Genf (-0,1%).
Um die Verzerrung durch einzelne Spitzenverdiener auszublenden (die den Mittelwert vor allem in kleineren Kantonen stark beeinflussen können), wird auch noch das Median-Einkommen betrachtet. Das Medianeinkommen ist ebenfalls im steuergünstigen Kanton Zug am höchsten und liegt dort im bei 68'400 CHF. Als nächstes folgen im Ranking die Kantone Basel-Landschaft (59'900 CHF) und Zürich (59'700 CHF). Im Tessin (44'600 CHF) und im Wallis (42'400 CHF) zeigen sich die tiefsten Medianeinkommen. Im Kanton Tessin ist die enge Verflechtung mit dem Grossraum Mailand unter anderem ein Einflussfaktor für die tiefen Einkommen. Mit der Nähe zum Euroraum ist der Druck auf die Preise und somit die Einkommen wesentlich höher als im Schweizer Durchschnitt. Mehr als 25% der Beschäftigten im Kanton Tessin sind Grenzgänger, die deutlich tiefere Lohnansprüche haben dürften als die Schweizer Arbeitnehmer. In sechs Kantonen ist der Median über die Beobachtungszeit mehr als 13% gewachsen: In Obwalden und Uri um 17%, in Zug und Thurgau um 14%, und in Schwyz und Appenzell-Innerrhoden um 13% (Schweiz: +9,2%). Der Kanton Obwalden konnte sowohl bei den Durchschnittseinkommen wie auch bei den Medianeinkommen am stärksten aufholen. Lediglich in Genf ist das Medianeinkommen im Beobachtungszeitraum - wie auch das Durchschnittseinkommen – gesunken (−4,0%).
Fazit Einkommensentwicklung
In der Schweiz sind die Einkommen zwischen 2007 und 2019 spürbar gestiegen. Dies gilt sowohl für das Durchschnittseinkommen wie auch für das Medianeinkommen. Der durchschnittliche Haushalt konnte somit von der positiven Wirtschaftsentwicklung profitieren. Von den Schweizer Kantonen zeigt der Kanton Zug das höchste Durchschnitts- und Medianeinkommen. Am anderen Ende des Rankings steht das Wallis mit den tiefsten Einkommen (sowohl Durchschnitts- als auch Medianeinkommen). Der Kanton Obwalden konnte sowohl bei den Durchschnittseinkommen wie auch bei den Medianeinkommen am stärksten aufholen. Einzig im Kanton Genf waren die Einkommen über den Beobachtungszeitraum rückläufig. Dabei ist zu beachten, dass dies nicht zwingend bedeutet, dass die Einkommen individueller Haushalte im Schnitt gefallen sind. Es kann auch die Auswirkung einer Verschiebung von Haushaltsstrukturen sein; wenn beispielsweise gutverdienende Haushalte verstärkt den Kanton Genf verlassen haben.
3 Einkommensverteilung
Wie sind die Reineinkommen in der Schweiz verteilt? Die folgende Grafik zeigt alle Einkommen der Schweizer Haushalte in Perzentile, die sogenannte Pen Parade. Diese unterteilen einen nach der Grösse geordneten Datensatz in hundert Teile. Die Einkommensverteilung umfasst das gesamte Einkommensspektrum einer Bevölkerung (von den niedrigsten bis zu den höchsten).
Einkommensverteilung Schweiz
Reineinkommen Haushalte Schweiz 2017, in 1'000 CHF
Quelle: ESTV, BAK Economics
10% der Haushalte verdienen mehr als 131'100 CHF – 50% der Haushalte verdienen weniger als 53'600 CHF
Die Grafik wird folgendermassen interpretiert: Das 10. Perzentil (dargestellt durch die 10. Säule von links) gibt beispielsweise die Einkommenshöhe an, die von 10% der Haushalte nicht überschritten wird. Das 50. Perzentil entspricht dem Median-Einkommen.
Die unteren 10% der Haushalte in der Schweiz überschreiten ein Einkommen von 5'900 CHF nicht. Dies umfasst u.a. auch volljährige SchülerInnen, Lehrlinge und Studierende, die von ihren Eltern unterstützt werden. Die oberen 10% der Haushalte haben ein Jahreseinkommen von mehr als 131'100 CHF. Wie bereits das Median-Einkommen zeigt, hat die eine Hälfte aller Haushalte in der Schweiz ein Reineinkommen von mehr als 53'600 CHF, die andere Hälfte weniger als 53'600 CHF.
In allen Kantonen verdienen die obersten 10% der Haushalte mehr als 100'000 CHF
Wie sieht die Verteilung der Einkommen in den Kantonen aus? Die Reineinkommen der obersten 10% der Haushalte reicht von mindestens 106'200 CHF im Kanton Wallis bis mindestens 199'900 CHF im Kanton Zug (Schweiz: 131'100 CHF). Damit lag dieser Wert in der ganzen Schweiz bei über 100'000 CHF.
Das mittlere Reineinkommen ist im steuergünstigen Kanton Zug am höchsten und liegt dort bei 68'400 CHF (+13,6%). Als nächstes folgen im Ranking die Kantone Basel-Landschaft (59'900 CHF, +5,3%) und Zürich (59'700 CHF, +11,8%). Im Tessin (44'600 CHF, +0,2%) und im Wallis (42'400 CHF, +10,1%) zeigen sich die geringsten mittleren Reineinkommen.

Haushaltseinkommen in CHF, Wachstumsrate in %
Quelle: ESTV, BAK Economics
10% der Haushalte verdienen mehr als ein Drittel des Gesamteinkommens
Betrachtet man bei der Einkommensverteilung nicht die Einkommensgrenzen, sondern die Anteile am Gesamteinkommen, so verdienen in der Schweiz die untersten 10% der Haushalte rund 0,4% des Gesamteinkommens. 50% aller Haushalte erhalten 16% des gesamten Einkommens, für 90% der Haushalte beträgt dieser Wert 58% des Einkommens. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass weit mehr als ein Drittel (42%) des Gesamteinkommens von den obersten 10% der Haushalte generiert wird.
Anteil reicht von knapp einem Drittel im Kanton Uri bis zu 62% im Kanton Schwyz
Kantonal unterscheiden sich die Anteile der verschiedenen Haushaltsgruppen am gesamten Einkommenskuchen erheblich. Die Hälfte aller Haushalte ist im Kanton Uri für 22% des gesamten Einkommens verantwortlich – dies ist der höchste Wert aller Kantone. In Genf zeigt sich wiederum der geringste Anteil mit lediglich 10%.
90% der Haushalte erhalten wiederum in Uri den höchsten Anteil am Gesamteinkommen (etwa 68%) und in Schwyz den niedrigsten (38%). Im Umkehrschluss bedeutet das, dass in Uri 32% des Gesamteinkommens von den obersten 10% der Haushalte generiert wird, in Schwyz dagegen hohe 62%.
Einkommensverteilung der Schweiz – Überblick
Der Gini-Koeffizient ist die bekannteste Kenngrösse, welche die Einkommensverteilung anhand einer einzigen Zahl misst. Er nimmt Werte zwischen 0 und 1 an. Dabei bedeutet 1 höchste Ungleichheit: Ein einziger Haushalt hat das gesamte Einkommen eines Landes und die restlichen Haushalte nichts. Der niedrigste Wert ist 0 und bedeutet totale Gleichheit: Jeder Haushalt in einem Land hat genau das gleiche Einkommen. Je tiefer also der Gini-Koeffizient, desto gleichmässiger ist das Einkommen verteilt.
Die folgende Grafik gibt einen Überblick über den Gini pro Kanton.
Schweizerkarte Gini
Quelle: ESTV, BAK Economics
Im internationalen Vergleich hat die Schweiz ausgeglichene Einkommensverteilung
Die Verteilung der Einkommen in der Schweiz ist im internationalen Vergleich ausgeglichen. Norwegen, Österreich, Deutschland und Frankreich zeigen einen tieferen Gini-Koeffizienten als die Schweiz. Viele andere Länder haben dagegen eine wesentlich ungleichere Einkommensverteilung als die Schweiz.
Für den internationalen Vergleich muss darauf geachtet werden, das einheitlich Definition für das Einkommen verwendet werden. Die hier verwendeten Gini-Koeffizienten der Weltbank basiert auf einer anderen Einkommensdefinition als dem Reineinkommen der Steuerhaushalte. Deshalb weichen die Werte des Gini-Koeffizienten für die Schweiz im nachfolgenden Abschnitt von den weiter oben dargestellten Werten ab. Für eine detaillierte Analyse der Einkommensverteilung in der Schweiz ist das Reineinkommen zwar die geeignetste Quelle, wegen der stark unterschiedlichen Steuersysteme muss für den internationalen Vergleich jedoch auf eine andere Definition abgestützt werden.
Gini-Koeffizient international

2017
Quelle: Weltbank, BAK Economics
Überblick Kennzahlen

Quelle: ESTV, BAK Economics
Einkommensverteilung – Fazit
Die Hälfte aller Haushalte der Schweiz ist für lediglich 16% des gesamten Einkommens verantwortlich. Die obersten 10% generieren 42% des Gesamteinkommens. Insgesamt ist die Verteilung der Einkommen in der Schweiz im Vergleich mit anderen Ländern dennoch eher ausgeglichen. In den Jahren 2007 bis 2019 hat sich gleichwohl eine leichte Spreizung der Schweizer Einkommen ergeben, vor allem bei den untersten und obersten 10% der Haushalte. Diese Entwicklung muss jedoch mit Vorsicht betrachtet werden, da ein laufender Anstieg von Studierenden (meist bei den unteren 10% der Einkommen) über die Jahre diesen Vergleich beeinflussen kann. Bei der kantonalen Betrachtung zeigte sich die Hälfte aller Haushalte im Kanton Uri für 22% des gesamten Einkommens verantwortlich und damit für so viel wie in keinem anderen Kanton. Die obersten 10% haben in Uri mit 32% des Gesamteinkommens den geringsten Anteil aller Kantone, in Schwyz mit 62% den höchsten.
4 Entwicklung der Verteilung
Wie hat sich die Einkommensverteilung über die letzten Jahre in der Schweiz und den Kantonen entwickelt? Wir sind dieser Frage nachgegangen.
Stabile Entwicklung der Einkommensverteilung in der Schweiz über die Zeit…
Obwohl es im Beobachtungszeitraum grosse wirtschaftliche Herausforderungen wie die Finanzkrise, Eurokrise oder die Aufhebung des Mindestkurses gab, ist die Einkommensverteilung in der Schweiz über die Zeit sehr stabil geblieben.
Im Jahr 2019 hatte der Gini-Koeffizient der Reineinkommen einen Wert von 0,48, im Vergleich zum Jahr 2007 (0,47) ist der Gini-Koeffizient damit äusserst stabil geblieben. Der Gini-Koeffizient hat in der Schweiz in den Jahren 2009, 2012, 2016 und 2018 abgenommen, in den Jahren 2008 und 2015 stagniert und in den übrigen Jahren zugenommen. Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 hat sich demnach nicht spürbar auf die Verteilung der Einkommen in der Schweiz ausgewirkt. Auch wenn sich die Verteilung insgesamt kaum verändert hat, so gibt es doch einzelne interessante Aspekte in der Entwicklung der Einkommensverteilung über den Beobachtungszeitraum.
Gini-Koeffizient und Quartilsquotient
Quelle: BAK Economics
…und auch in den Kantonen
Die Kantone mit der ausgeglichensten Verteilung der Einkommen sind Uri, Aargau, Solothurn und Glarus mit Gini-Werten zwischen 0,40 und 0,42 (Schweiz: 0,48). Eine ungleichmässige Einkommensverteilung zeigt sich in Zug, Schwyz und Genf. Was alle Kantone und die Schweiz jedoch gemeinsam haben, ist, dass sich die Verteilung der Einkommen im Beobachtungszeitraum insgesamt sehr wenig verändert hat. Lediglich in drei Kantonen hat sich der Gini leicht reduziert, so dass die Entwicklung auf eine Verkleinerung der Ungleichheit hindeutet.
Schweizerkarte «Veränderung des Indikators in %» (Gini, Median)
Quelle: ESTV, BAK Economics
Die Ungleichverteilung hat gemäss Quartilsquotient leicht zugenommen
Der Quartilsquotient gibt das Verhältnis der Einkommen der untersten 25% zu den obersten 25% an. Auch der Quartilsquotient nimmt Werte zwischen 0 und 1 an; allerdings ist die Bedeutung im Vergleich zum Gini-Koeffizienten umgekehrt: Je grösser das Verhältnis, desto gleicher ist die Verteilung zwischen den Quartilen (Viertelwerten). In der Schweiz haben 25% der ärmsten Haushalte ein Einkommen von 26'600 CHF nicht überschritten. Bei den reichsten 25% der Haushalte lag die untere Einkommensgrenze bei 86'900 CHF. Dies führt zu einem Quartilsquotient von 0,306. Der Quartilsquotient ist seit 2007 in der Schweiz rückläufig, im Jahr 2007 lag er noch bei 0,322. Die Ungleichverteilung hat gemäss Quartilsquotient im Beobachtungszeitraum also leicht zugenommen.
Genf und Tessin zeigen grösste Zunahme der Ungleichverteilung
In den Kantonen Zug (36'800 CHF), Aargau (34'500 CHF) und Nidwalden (34'400 CHF) liegt das Einkommen der ärmsten 25% am höchsten, die geringsten Einkommen der ärmsten 25% zeigen sich in den Kantonen Tessin (19'200 CHF), Genf (17'200 CHF) und Wallis (10'600 CHF). Bei den reichsten 25% der Haushalte ist die untere Einkommensgrenze mit 71'900 CHF im Kanton Wallis am geringsten und mit 117'200 CHF im Kanton Zug am grössten. Der höchste Quartilsquotient von 0,392 ergibt sich für den Kanton Uri und der niedrigste Quartilsquotient für den Kanton Wallis mit 0,147. Die Verteilung der Einkommen ist also im Kanton Uri am stärksten ausgeglichen. Im Kanton Wallis zeigt sich somit die ungleichmässigste Verteilung.
In 18 von 26 Kantonen war der Quartilsquotient seit 2007 rückläufig. Die Ungleichverteilung der Einkommen hat im Beobachtungszeitraum also tendenziell zugenommen. In Genf und im Tessin war diese Zunahme der Ungleichverteilung am stärksten, dort war der Quartilsquotient um 8 bzw. 5 %-Punkte rückläufig. In einigen Kantonen hat sich jedoch die Verteilung der Einkommen stärker ausgeglichen. Im Wallis (+2,9%-Punkte), Obwalden (+2,9%-Punkte) und Graubünden (+3,0%-Punkte) und zeigt sich dies anhand einer Zunahme des Quartilsquotienten am deutlichsten.
Einkommensschwelle zur Mittelschicht um 9,2% angestiegen
Da sich Menschen gerne miteinander vergleichen und sich dabei auch gegenseitig in soziale Gruppen einteilen, sind einfache Kategorisierungen beliebt. Gemäss einer gängigen Definition gehört zur Mittelschicht, wer ein Einkommen von 70% bis 150% des Median-Einkommens aufweist. Einkommen unter 70% des Medianeinkommens zählen zur Unterschicht, Einkommen über 150% des Median-Einkommens zur Oberschicht.
Ab einem Reineinkommen von 37'500 CHF im Jahr gehört man demgemäss zur Schweizer Mittelschicht. Das bedeutet, dass rund 35% der Haushalte zur Unterschicht gehörten. Am anderen Ende der Verteilung gehören diejenigen Haushalte zur Oberschicht, die ein Reineinkommen von mehr als 80'400 CHF aufweisen. Dies umfasst rund 28% der Haushalte. Die Mittelschicht besteht aus den restlichen 37% der Haushalte.
Im Kanton Zug gehört man erst ab einem Einkommen von 47'880 CHF zur Mittelschicht. Dies ist die höchste kantonale Untergrenze der Mittelschicht. Ebenfalls eine Untergrenze von über 40'000 CHF ergibt sich in den Kantonen Basel-Landschaft, Zürich, Schwyz, Aargau und Nidwalden. Daraus ergibt sich, dass in Zug und Zürich rund 34% der Haushalte zur Unterschicht gehörten, in Schwyz und Basel-Landschaft 33% sowie in Nidwalden und in Aargau 31%. Am anderen Ende der Verteilung gehören im Kanton Zug diejenigen Haushalte zur Oberschicht, die ein verfügbares Einkommen von mehr als 102'600 CHF aufweisen, in Nidwalden von mehr als 87'750 CHF. So umfasst die Oberschicht rund 30% der Haushalte in Zug, 29% in Schwyz, 28% in Basel-Landschaft und Zürich, 27% im Aargau und in Nidwalden. Die Mittelschicht besteht somit im Kanton Aargau und im Kanton Nidwalden aus 42%, im Kanton Basel-Landschaft aus 39%, in den Kantonen Zürich und Schwyz aus 38% und im Kanton Zug aus 36%.
Betrachtet man die Entwicklung seit dem Jahr 2007, so ist die Einkommensschwelle zur Mittelschicht in der Schweiz um 9,2% gestiegen und somit ähnlich wie andere Einkommenskenngrössen. Dies gilt auch in allen Kantonen - ausser im Kanton Genf (−4,0%). Die höchsten Wachstumsraten zeigen Obwalden, Uri, Zug, Thurgau, Schwyz und Appenzell-Innerrhoden.
Die Einkommensverteilung ist über die Zeit stabil geblieben
Der Anteil der Mittelschicht am Gesamteinkommen liegt bei 26,8% und damit um 0,9%-Punkte tiefer als noch im Jahr 2007, während der Unterschicht einen Anstieg von +0,2% und die Oberschicht einen Anstieg von +0,7%-Punkten verzeichneten.
Unterteilt man die Schweizer Haushalte nicht in Unter-, Mittel- und Oberschicht, sondern anhand der Quartile in vier gleich grosse Gruppen, ergibt sich für die Schweiz folgende Grafik:
Einkommensschichten der Schweiz

Quelle: BAK Economics
Der Anteil der Haushalte mit den tiefsten 25% (P0-P25) der Einkommen am Gesamteinkommen beläuft sich auf 3,5%. Die Haushalte mit den höchsten 25% (P75-P100) der Einkommen haben einen Anteil am Gesamteinkommen von 62,5%. Die mittleren 50% (P25-P75) der Haushalte erhalten 34,0% des Gesamteinkommens.
Der Anteil der tiefsten 25% (P0-P25) der Einkommen am Gesamteinkommen zeigt sich im Kanton Uri am höchsten und beläuft sich dort auf 5,9%. Auch der Anteil der mittleren 50% (P25-P75) der Haushalte ist in Uri am höchsten, dort erhalten diese 40,7% des Gesamteinkommens. Folglich zeigen sich die Haushalte mit den höchsten 25% (P75-P100) der Einkommen in Uri mit dem geringsten Anteil am Gesamteinkommen (46,6%). In den Kantonen Genf, Zug und Schwyz gibt es die höchsten Anteile der mittleren und hohen Einkommen.
Armutsgefährdungsquote steigt
Die Armutsgefährdungsquote entspricht dem Anteil der Bevölkerung, dessen Einkommen unterhalb der Armutsgrenze liegt. Die Armutsgrenze wird definiert als 60% des Median-Einkommens. Wenn sich alle Einkommen verdoppeln, bleibt die Armutsgefährdungsquote gleich hoch; sie ist ein relatives Mass und misst nicht absolute Armut.
Die Armutsgefährdungsquote hat sich im Beobachtungszeitraum leicht erhöht. Dies kann aber damit zusammenhängen, dass die Zahl der Lehrlinge und Studierenden (über 18 Jahre alt und somit steuerpflichtig) im Beobachtungszeitraum ebenfalls zugenommen hat.
Entwicklung der Verteilung – Fazit
Die nachfolgende Tabelle zeigt für die Schweiz einige Kennzahlen und deren Entwicklung über die Jahre 2007 bis 2019.
Überblick Kennzahlen
Schweiz | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Mittelwert | 63'149 | 64'774 | 64'825 | 65'281 | 66'487 | 65'495 | 65'983 | 67'086 | 66'932 | 67'929 | 68'567 | 69'283 | 70'425 |
Median | 49'100 | 50'100 | 50'400 | 50'500 | 50'800 | 50'800 | 51'100 | 51'400 | 51'400 | 52'400 | 52'600 | 53'000 | 53'600 |
Standardabweichung | 110'158.00 | 112'046.00 | 108'232.00 | 110'557.00 | 110'200.00 | 108'111.00 | 109'968.00 | 113'550.00 | 113'723.00 | 114'371.00 | 117'896.00 | 119'860.00 | 124'104.00 |
Variationskoeffizient | 1.744415303 | 1.729795605 | 1.669596436 | 1.693554044 | 1.657467044 | 1.65066267 | 1.666620392 | 1.692597883 | 1.699084512 | 1.683685622 | 1.719436353 | 1.730021526 | 1.76220997 |
Quartilsabstand | 53'100 | 54'300 | 55'100 | 55'900 | 56'300 | 56'700 | 57'100 | 57'700 | 58'200 | 59'200 | 59'500 | 59'900 | 60'300 |
Quartilsquote | 0.322 | 0.322 | 0.318 | 0.313 | 0.313 | 0.309 | 0.308 | 0.306 | 0.302 | 0.303 | 0.302 | 0.304 | 0.306 |
Gini-Koeffizient | 0.474268317 | 0.47405082 | 0.473068297 | 0.475828767 | 0.482586801 | 0.475003749 | 0.476872593 | 0.481599867 | 0.481698066 | 0.479336858 | 0.481901795 | 0.481107175 | 0.483276069 |
Theil-Index | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Anmerkung: Um die Entwicklung der Quartilsabstände im Laufe der Zeit beurteilen zu können, muss diese Zahl um das Einkommenswachstum korrigiert werden. Quelle: BAK Economics
Die Einkommensverteilung war in der Schweiz und auch in den Schweizer Kantonen im Beobachtungszeitraum relativ konstant. Auch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 hat sich nicht spürbar auf die Verteilung der Einkommen ausgewirkt. Die Kantone mit der ausgeglichensten Verteilung der Einkommen sind gemäss Gini-Koeffizient Uri, Aargau und Solothurn. Eine ungleiche Einkommensverteilung zeigt sich in Zug, Schwyz und Genf. Insgesamt ist die Einkommensverteilung über die Zeit stabil geblieben.
5 Exkurs: Vermögen
Immer mehr Vermögensmillionäre
Die Anzahl der Vermögensmillionäre stieg zwischen 2007 und 2019 um beachtliche 63% auf mehr als 350'000 Haushalte (6,5% aller Schweizer Haushalte). Der höchste Anteil der Vermögensmillionäre im Verhältnis zur Bevölkerung befindet sich im Kanton Zug (14,2%), gefolgt von Schwyz (13,4%), Appenzell-Innerrhoden (11,6%), Nidwalden (11,2%) und Zürich (9,5%).
Dieser Anstieg lässt sich allein weder durch die Teuerung (die praktisch null betrug) noch durch Migration erklären. Beigetragen haben neben der positiven Einkommensentwicklung insbesondere die Entwicklung der Preise von Wertschriften und Immobilien. So ist auch der Börseneinbruch anlässlich der Finanzkrise im Jahr 2008 sichtbar. Seither steigt die Zahl der Vermögensmillionäre aber kontinuierlich an.
Vermögensmillionäre

Anzahl in Personen
Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung, Statistik über die kantonalen und gesamtschweizerischen Vermögensverhältnisse der natürlichen Personen
Vermögen der Millionäre

In Mio. CHF
Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung, Statistik über die kantonalen und gesamtschweizerischen Vermögensverhältnisse der natürlichen Personen
Vermögen privater Haushalte

In Mio. CHF
Quelle: Schweizerische Nationalbank, Vermögenprivater Haushalte
Vermögensverteilung – Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass aufgrund der in der Periode 2007 bis 2019 insgesamt deutlich angestiegenen Immobilien- und Börsenwerte die Vermögen in der Schweiz wesentlich stärker zugenommen haben als die Einkommen oder das BIP. Entsprechend sind auch die Anzahl der Vermögensmillionäre und deren Vermögen sehr deutlich angestiegen.
Die wichtigen Fragen fürs Verständnis
Weitere Informationen zur Vorgehensweise und die wichtigsten Definitionen finden Sie hier.