Macht Sparen glücklich? Oder ist es doch eher der Konsum, der unser Herz schneller schlagen lässt? Oder ist es am Ende etwas ganz anderes? Mathias Binswanger, Ökonom und Glücksforscher, über Sparen als Lebensinhalt, unbewusste Prozesse und ob Sparer wirklich Pessimisten mit wenigen Freunden sind.
Mathias Binswanger:
«Mit Sicherheit nicht. Bei den meisten Menschen ist Sparen gar kein geplanter Prozess. Sparen ist einfach ein Betrag, der am Ende des Monats nach allen Ausgaben übrig bleibt. Das ist manchmal mehr und manchmal weniger.»
Mathias Binswanger:
«Dieser in der ökonomischen Theorie so postulierte Zusammenhang findet in der Realität kaum statt. Wir sparen in den meisten Fällen nicht, um Konsum in die Zukunft zu verschieben. Wir haben einfach mehr Einkommen, als wir im Moment gerade brauchen und investieren dieses Geld dann auf unterschiedliche Weise. Ein Grossteil dieses Geldes wird oft am Ende des Lebens ungeplant an die nächste Generation vererbt. Sparen im Sinne von Konsumverzicht findet in Haushalten statt, in denen das Geld wirklich knapp ist.»
Mathias Binswanger:
«Nein, wie schon erwähnt, ist Sparen für die meisten Menschen kein bewusster oder geplanter Prozess.»
Mathias Binswanger:
«Nein. Das Glück auf später zu verschieben, klappt praktisch nie und ist mit grossen Unsicherheiten verbunden. Es ist ja nicht so, dass Arbeit grundsätzlich unglücklich macht. Es sind die Bedingungen, unter denen man teilweise arbeiten muss, welche dem Glück nicht förderlich sind. Es ist also besser, sich nach einer Tätigkeit umzuschauen, die einem Freude bereitet, statt nur für die Zukunft zu sparen.»
Mathias Binswanger:
«Wenn man spart, um sich dafür nachher etwas Schönes leisten zu können, bringt das mehr Glück als Sparen aus Vorsicht. Es spielt dann vor allem auch die Vorfreude mit hinein.»
Mathias Binswanger:
«Nein, nicht aus diesem Grund, sondern weil man gar nicht mehr sparen kann, wenn es ans Eingemachte geht. Man braucht dann das ganze Einkommen, um zu überleben.»
Mathias Binswanger:
«Ja, Sparkonten könnten wieder populärer werden. Bisher war es ja fast egal, ob mein Geld auf einem Sichtkonto oder einem Sparkonto lag. Die Frage ist nur, welche Banken bei steigenden Zinsen gewillt sind, für Sparguthaben auch wieder höhere Zinsen zu bezahlen.»
Mathias Binswanger:
«Das hängt stark von der Persönlichkeit ab. Es gibt Menschen, die sind stets unsicher und haben das Gefühl, sie müssten noch mehr vorsorgen, auch wenn sie schon viel mehr vorsorgen als der Durchschnitt. Andere hingegen sind relativ sorglos und leben in den Tag hinein. In der Schweiz ist der erste Typ wesentlich verbreiteter als der zweite Typ.»
Mathias Binswanger:
«Ziel muss es nicht sein, möglichst viel zu sparen, sondern sinnvoll zu sparen. Damit Kinder das lernen, darf man ihnen nicht alles auf dem Silbertablett servieren. Wenn sie sparen müssen, um ein Fahrrad oder ein Smartphone zu kaufen, wird der Wert des Sparens schnell ersichtlich. Und auch die Freude ist nachher grösser.»
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