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Marktausblick

Die Zinsmärkte beruhigen sich, die Aktienkurse erholen sich und die Schweizer Wirtschaft schrumpft in 2020 weniger als befürchtet.

CIO Kommentar, Montag, 1. März 2021

Dr. Sandro Merino, Chief Investment Officer

Veränderung der Zinslandschaft in den USA

Vor einem Jahr lag die Verfallsrendite für 10-Jährige US-Staatsanleihen bei etwa 1.75%. Dies ist seit dem zweiten Weltkrieg ein sehr tiefer Wert. Im Zuge des Ausbruchs der Pandemie war dieser Zins Anfang August auf das Rekordtief von etwa 0.5 % gefallen. Seitdem hat sich das Zinsniveau normalisiert und liegt aktuell mit 1.50% nur noch 0.25% unter dem Vorpandemie Niveau. Die Gründe für diesen Zinsanstieg liegen auf der Hand. Die Impfkampagne kommt in den USA gut voran, die Todesfälle und die Neuinfektionen in Zusammenhang mit Covid-19 sind seit Ende 2020 signifikant gefallen. Das Biden Hilfspaket über 1'900 Milliarden USD hat die erste Hürde des Repräsentantenhauses genommen und wird nun dem Senat zum Entscheid vorgelegt. Es wird erwartet, dass das Paket bis Mitte März alle Hürden genommen haben wird. Die Erwartung einer "Reflation", d.h. einer stimulierten Wiederbelebung der US-Wirtschaft, hat für eine Normalisierung des Zinsniveaus um etwa +1% gesorgt.

Weshalb also die Aufregung an den Aktienmärkten mit einer moderaten Korrektur von etwa 2% - 4% je nach Branche?

Aus heutiger Sicht, ist die Hoffnung auf ein Ende der Covid-19 Pandemie durchaus berechtigt und eine Zinsnormalisierung war somit ja zu erwarten. Vermutlich war die unübliche Geschwindigkeit des Zinsanstiegs ein Grund, der für Nervosität gesorgt hat. Es bestätigt sich also erneut, dass die Finanzmärkte Anpassungen des wirtschaftlichen Ausblicks nicht graduell und schrittweise umsetzen, sondern eher in plötzlichen unangekündigten "Sprints".

Eine eigentliche Zinswende können wir aus den Ereignissen der letzten Woche aber nicht ablesen. Zwar werden Basiseffekte für etwas höhere Inflationsmessungen sorgen, das ist aber nicht als neuer stärkerer Inflationstrend zu werten.

Es ist erstaunlich, dass die landesweite Lohnsumme in den USA im Februar bereits wieder auf dem Vorpandemie Niveau liegt und dies trotz einer Beschäftigung die um 10 Millionen Stellen tiefer liegt als noch vor einem Jahr. Dies bedeutet insbesondere, dass Menschen im Tieflohnsegment besonders betroffen sind von Einkommenseinbussen durch die Pandemie. Das kaum geschrumpfte aggregierte private Haushaltseinkommen ist für Kritiker des Biden Hilfspaket ein Argument dafür, dass es überdimensioniert sei und somit inflationär wirken könnte. In Anbetracht der Tatsache, dass vor der Pandemie selbst bei rekordtiefer Arbeitslosigkeit von unter 4% kein Inflationsdruck entstanden war, relativiert sich diese Befürchtung deutlich.

Steigen die Hypothekarzinsen jetzt wieder?

Die Veränderung der Zinslandschaft in den USA hat direkte Auswirkungen auf die Schweizer Hypothekarzinsen. Die Zinsbewegungen in den USA haben zu einem Anstieg der Zinsen für 10-jährige Festhypotheken um etwa +0.15% geführt. Das ist kein grosser Sprung, aber er zeigt die Abhängigkeiten zu den Entwicklungen in den USA auf.

Dabei raten wir zeitliche Refinanzierungsentscheide für Hypotheken nicht taktisch vorzunehmen um im 0.1% - Bereich zu optimieren, sondern dabei strategisch vorzugehen. Konkret heisst das, dass man das historisch sehr tiefe Zinsniveau weiterhin nutzen kann, um sich langfristig tiefe Hypothekarzinsen zu sichern. Blickt man zurück, dann lagen die Zinsen für 10-Jahres Festhypotheken vor 10 Jahren bei etwa 3%, vor 20 Jahren bei etwa 4% und vor 25 Jahren deutlich über 5%. Dieser Rückblick soll verdeutlichen, dass es strategisch nicht um eine Optimierung im Zehntelprozent Bereich geht.

Das Risiko eines Anstiegs der Hypothekarzinsen sollte man nicht verdrängen. Allerdings spricht aus unserer Sicht wenig dafür, dass wir in diesen Wochen eine eigentliche Zinswende durchlaufen haben. Wir erkennen eher einen Anpassungsprozess an einen etwas aufgehellten Wachstumsausblick für 2021. Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die – hoffentlich - besseren BIP-Wachstumszahlen für 2021 einen nahtlosen Übergang in eine Hochkonjunktur bedeuten. Sie stellen höchstens einen Wendpunkt dar, in eine mehrere Jahre dauernde Erholungsphase dar.

In diesem Zusammenhang sei noch auf die von der Seco am 26. Februar veröffentlichten Wachstumszahlen für die Schweizer Wirtschaft für das Jahr 2020 hingewiesen. Gemäss Seco schrumpfte die Schweizer Wirtschaft 2020 um 2.9%, was mehr ist als während der Finanzkrise (2009: -2.1%) aber weit weniger als während des Ölschocks (1975: -6.7%). Die anfänglichen Prognosen aus dem Sommer 2020, die einen Einbruch der Schweizer Wirtschaft um etwa 5% erwarteten, waren also rückblickend deutlich zu pessimistisch.

Heutige Marktentwicklung und Anlagestrategie (Stand ca. 14:15, 1.3.2020 Basel Zeit):

Die Beruhigung an den US-Zinsmärkten wirkt sich heute positiv auf die Aktienkurse aus. Der SMI ist aktuell gut 1% im Plus. Der EuroStoxx 50 gewinnt ebenfalls deutlich über 1%. Auch für die USA wird heute mit einer positiven Markteröffnung im Bereich von +1% gerechnet. Der USD notiert leicht stärker bei etwa 0.91 CHF/USD. 

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