CIO Kommentar, Montag, 03. April 2023
Der Konkurs einiger US-Banken und die dramatischen Entwicklungen um die Credit Suisse haben, wie schon währen der grossen globalen Finanzkrise vor 15 Jahren, erneut den Staat und somit die Steuerzahler zu drastischen Hilfsmassnahmen gezwungen.
Der rasche Anstieg der Zinsen hat auch in den USA zu erheblichen Buchverlusten bei Anleihen geführt. Zwar können diese Anleihen auf der Bilanz einer Bank oft, trotz Wertverlust, weiterhin zu ihrem künftigen Rückzahlungswert verbucht werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Verkaufswert etwa 10% bis 15% unter dem Rückzahlungswert liegt. Den Kunden der Silicon Valley Bank (SVB) muss bewusst geworden sein, dass ihre Bank nur noch buchhalterisch und nicht mehr ökonomisch solvent war.
In der Tat wurde bekannt, dass die SVB keinen Kredit erhielt, was zum Ausbruch der Panik wesentlich beigetragen hat. Ausserdem hatten viele Geschäftskunden der SVB weit grössere Guthaben auf ihren SVB-Konten, als die staatlich gesicherten 250'000 USD.
Diese fatale Kombination von nicht realisierten Buchverlusten und einer Geschäftskundenbasis, die durch die Einlagensicherung nicht geschützt war, hat die SVB zu Fall gebracht und eine Kettenreaktion angestossen. Die Credit Suisse, als bereits angeschlagenes und schwaches Glied in der Kette der grossen systemrelevanten Banken, konnte diesem Beben aus eigener Kraft nicht standhalten.
Die Lage an den Finanzmärkten hat sich dank den staatlichen Eingriffen deutlich entspannt. Eine generelle Entwarnung sollte ohne eine eingehende Beurteilung der Situation im US-Bankensystems aber nicht verkündet werden.
Tatsächlich ist die in der Schweiz und EU übliche Absicherung von Zinsänderungsrisiken mittels Zinsderivaten (Swaps) bei US-Regionalbanken nur selten ein Standard. Zumindest wird dies in einer Studie der Barclays Bank so postuliert.
Allein dieser Umstand zeigt, dass in den gestiegenen US-Zinsen und mit Hinblick auf womöglich unerwartet starke Zinserhöhungen der US-Notenbank durchaus ein systemisches Risiko lauert. Immerhin scheinen die weltweiten grossen systemrelevanten Banken ihre Zinsrisiken vernünftig bewirtschaftet zu haben.
Ein weiterer Risikofaktor sind US-Hypotheken auf kommerziellen Liegenschaften. Mit Hinblick auf die befürchtete US-Rezession sind diese bereits unter Druck geraten.
Gerade kleinere US-Regionalbanken, die bereits unter Zinsverlusten leiden, sind hier besonders exponiert.
Der US-Regulator und die US-Notenbank wirken entschlossen, die Probleme mittels brachialer staatlicher Unterstützung unter Kontrolle zu halten. In unserem Anlageausschuss herrscht vorwiegend Zuversicht, dass dieses Krisenmanagement gelingen wird. Es wäre aber fahrlässig frühzeitig Entwarnung zu verkünden, bloss weil sich die Aktienmärkte jüngst ein paar Tage lang erholt haben.
Trotz der Tatsache, dass Banken seit der grossen Finanzkrise von 2008/2009 heute etwa doppelt so viel Eigenkapital halten müssen, ist es weiterhin so, dass eine Bank eine Bilanz von beispielsweise 1000 Milliarden mit bloss etwa 60 Milliarden hartem Kernkapital halten darf. Verlieren die 1000 Milliarden Aktiva aus irgendeinem Grund nur ein paar Prozent an Wert, kann es um das Eigenkapital, aufgrund des 16.7-Fachen Hebeleffektes, schon geschehen sein. Ein Risiko mit potenziell ernsthaften Folgen für den Domizilstaat der Bank.
Es ist wohl noch zu früh, um zu beurteilen, ob die globale Bankenregulierung ungenügend war oder ob spezifische Ereignisketten lediglich zu punktuellen Problemen geführt haben. Eine vertiefte politische Diskussion über systemische Risiken im Finanzsektor steht aber, wie schon nach der Finanzkrise, erneut bevor.
Bis Mitte April werden neue Inflationsdaten für die Schweiz und die USA veröffentlicht werden. Dass die Inflation weiter wie erhofft fällt, ist neu auch mit Hinblick auf die erlebten negativen Auswirkungen höherer Zinsen auf die Stabilität des Finanzsystems von hoher Brisanz.
In der Eurozone steuert die Kerninflation ungebremst auf die 6% Marke zu. Dies erzeugt die Befürchtung, dass unerwartet hohe Euro Zinsen im Kampf gegen die Inflation notwendig werden könnten.
Für das erste und zweite Quartal 2023 ist mit einer schwachen Umsatz-, Margen- und Gewinnentwicklung zu rechnen. In der zweiten Jahreshälfte wird dagegen eine Verbesserung erwartet, die Unternehmenszahlen dürften wieder über den Vorjahreswerten zu liegen kommen.
Die Bewertungen für die Aktien liegen auf fairen Niveaus und die Inflationserwartungen sind stabil. Wir halten trotz der aktuellen Volatilität an der leichten Übergewichtung der Aktien fest.
Der SMI-Index zeigt sich am heutigen Montag kaum verändert. Auch der deutsche DAX-Index eröffnet praktisch unverändert. Für die US-Aktienbörsen signalisieren die Futures eine wenig veränderte Handelseröffnung (Stand 09:05 Uhr, 3.4.2023, Basel Zeit).