CIO Kommentar, Montag, 04. Oktober 2021
Das ungünstige Zusammenfallen verschiedener Faktoren hat zu aktuell stark gestiegenen Gaspreisen geführt. Der kalte Winter 20/21 hat zu einem ungewöhnlichen Rückgang der gespeicherten Gasreserven in Europa zwischen Januar und April dieses Jahres geführt.
Die ungewöhnlichen Niederschläge in Texas im Februar haben zu ersten Produktionsausfällen geführt. Der Cyberangriff auf die US Colonial Pipeline, welche Texas mit dem Osten und Südosten der US verbindet, hat ebenfalls zu einer Verlangsamung der Exporte nach Europa geführt. Die Cyber Kriminellen mit Namen «DarkSide» haben von der Pipeline eine Zahlung von 75 Bitcoins zum damaligen Wert von 4.4 Mio. USD erhalten. Im Juni konnte das FBI offenbar 63.7 der 75 Bitcoins sicherstellen. Wie das FBI das «Bitcoin Wallet» mit den 63.7 Bitcoins knacken konnte, wurde nicht weiter kommentiert.
Schliesslich führe der Hurricane Ida im September zu erneuten gravierenden Produktionsausfällen. Die in Europa deutlich gefallenen Gasreserven, konnten somit nicht, wie üblich, während den Sommermonaten aufgestockt werden.
Die begrenzten Kapazitäten der Gasterminals am Atlantik führen dazu, dass die europäischen Reserven nicht einfach durch eine Beschleunigung der Gaslieferungen aus den USA rascher als üblich aufgestockt werden können.
All dies hat in Europa zu vervielfachten Gaspreisen geführt. Selbst eine sehr rasche Inbetriebnahme der North Stream 2 Pipeline dürfte bis mindestens in den Frühling dauern. Um die Problematik künftig zu entschärfen, könnten umfangreichere Gasreserven in dafür neu erstellten Lagern zu einer stabileren Gasversorgung beitragen.
Je nach Wetterverlauf im Winter könnten die Preise noch weiter steigen. Eine nachhaltige Entspannung bei den Gaspreisen ist erst ab April 2022 zu erwarten.
Das Vereinigte Königreich erzeugt etwa 40% seines Stromverbrauchs aus Gas (Deutschland 17%) und ist somit von Preiserhöhungen besonders stark betroffen. Zusammen mit den Brexit- und pandemiebedingten Verwerfungen am Arbeitsmarkt, steht das Land vor grösseren Problemen in der Logistik, insbesondere bei Lastwagen Transporten.
Trotz dramatischer Bilder in den Medien und der einen oder anderen wüsten Auseinandersetzung an der Tankstelle, wird sich die Britische Wirtschaft im dritten Quartal weiter erholen, allerdings mit etwas verringertem Tempo.
Das Britische Pfund kam in den letzten Monaten nicht unter allzu grossen Druck. Die Volatilität der Währung könnte in den nächsten Monaten aber steigen. Im ersten Post-Brexit Winter könnte die Regierung um Boris Johnson eine erneute schwierige Bewährungsprobe zu bestehen haben.
Der SMI gewinnt aktuell etwa 0.3% und der DAX ist unverändert. Für die US-Aktienindices wird heute eine wenig veränderte Eröffnung erwartet (Stand ca. 15:00, 4.10.2021, Basel Zeit).