Accesskeys

Marktausblick

Der US-Senat sagt ja zu 1.9 Billionen USD Stimulus Programm, die US Zinsen reagieren mit Anstieg. Zudem wird eine leichte Korrektur bei Technologie Aktien erwartet.

CIO Kommentar, Montag, 8. März 2021

Dr. Sandro Merino, Chief Investment Officer

US-Senat sagt ja zu 1.9 Billionen USD Stimulus Programm

Am Samstag hat der US-Senat nach einem 24 Stunden Abstimmungsmarathon dem Biden Stimulus Programm mit 50:49 Stimmen zugestimmt. Es wird erwartet, dass Morgen, Dienstag, das Paket auch die Zustimmung des Repräsentantenhauses finden wird. Mit einem Gesamtvolumen von 1'900 Milliarden USD ist es ähnlich gross wie das Trump Programm aus dem vergangenen Jahr. Das Programm umfasst Direktzahlungen an alle Privathaushalte, die gewisse Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Beispielsweise erhält ein Haushalt mit 2 Kindern und einem Jahreseinkommen unter 150'000 USD eine Direktzahlung über 5'600 USD.

Nebst den Direktzahlungen sieht das Programm die Verlängerung der Zahlung von Arbeitslosigkeit Leistungen bis September vor und die Steuerabzugsmöglichkeit für bestimmte staatliche Hilfsleistungen wird erweitert. Ausserdem werden auch die Kosten für Test und Impfkampagnen über 160 Milliarden USD durch das Programm finanziert.
Derweil ist die grösste Impfkampagne der Menschheitsgeschichte angerollt. Bis heute wurden weltweit gut 300 Millionen Impfdosen in über 100 Ländern verimpft. In den USA werden gegenwärtig etwa 2.2 Millionen Impfdosen pro Tag verabreicht. In der EU sind es mit etwa 1.1 Millionen pro Tag nur halb so viele. Die USA sind auf gutem Wege bis Spätsommer die Herdenimmunität zu erreichen. In einigen US-Bundesstaaten sind bereits sämtliche Schutzmassnahmen fallen gelassen worden. Auch wenn diese Lockerungen teilweise voreilig sein könnten, zeichnet sich ab, dass die USA ihrer Wirtschaft deutlich früher als die EU neuen Schwung verleihen wird. Entsprechend wurden die Wachstumsprognosen für die US-Wirtschaft im ersten Quartal deutlich nach oben angepasst. Man erwartet ein Wachstum von knapp 5% zum Vorquartal.

Ist die Erwartung höherer Inflation begründet?

Vor einem Jahr lag die Verfallsrendite für 10-Jährige US-Staatsanleihen bei etwa 1.75%. Im Zuge des Ausbruchs der Pandemie war dieser Zins Anfang August auf das Rekordtief von etwa 0.5 % gefallen. Das Zinsniveau ist als Reaktion auf das Biden Paket weiter gestiegen und liegt aktuell mit 1.60% nur noch wenig unter dem Vorpandemie Niveau. Mit Inflation als geldpolitischem Phänomen haben die jüngsten Zinsbewegungen in den USA aber nicht viel zu tun. Obwohl der US-Notenbank Chef Jerome Powell dies schon fast händeringend zu erklären versucht, liegt der Fokus der Aufmerksamkeit bei Medien und Marktteilnehmern auf dem 1.9 Billionen USD (1'900 Milliarden USD) schweren und somit massiven Hilfspaket. Befürchtungen werden geschürt, dass diese Stützungsmassnahmen unweigerlich zu einem Inflationsausbruch führen werden. In Anbetracht der nach wie vor schwachen Beschäftigungssituation und der Einmaligkeit dieser Hilfen, rechnen wir nicht mit dem Beginn eines neuen Inflationsregimes.

Zwar ist es durchaus möglich, dass über die nächsten 12 Monate die Warenkörbe die zur Inflationsmessung herbeigezogen werden, im Vergleich zum Sommer 2020, Preisbewegungen von gut +3% vollziehen werden. Dieser Sprung wird sich 2022 aber nicht wiederholen, wenn der Stimulus Impuls abklingt. Entsprechend erwarten wir, dass die Teuerung gemäss US-Konsumentenpreise sich nach dieser "Störung" ab 2022 wieder bei etwa 2% einpendelt. Dies war das Niveau der US-Teuerung vor der Pandemie. Die Erholung der US-Beschäftigungssituation dürfte dabei bis in das Jahr 2023 andauern und wirkt Inflationstendenzen entgegen.

Das Kreuzen einer "Bugwelle" in der Preisentwicklung, welche durch die Pandemie ausgelöst wurde, sollte also nicht mit dem Anschwellen einer "Inflations-Sintflut" verwechselt werden. Am wahrscheinlichsten erscheint uns, dass das vertraute Tiefzinsumfeld uns noch lange erhalten bleiben wird. Insbesondere sind US-Realzinsen für 10-Jahres Anlagen auf der Basis der aktuellen Teuerung der Konsumentenpreise nach wie vor negativ bei etwa - 0.35%. Steigt die US-Inflation temporär auf über 3%, dann könnte der Zins für US-Staatsanleihen auf fast 3% steigen, ohne dass sich an der realwirtschaftlich sehr lockeren Geldpolitik etwas ändert.

Die US-Notenbank hat entsprechend signalisiert, dass sie derzeit keinen Bedarf zur Intervention bei den langfristigen US-Nominalzinsen sieht. An den Aktienmärkten hatte man seitens der Notenbank mehr erwartet. In der Eurozone ist die Ausgangslage etwas anders weil das nominale Zinsniveau für hochverschuldete Länder wie Italien, Spanien oder Frankreich ein politischer Einflussfaktor für die EZB geworden ist. Entsprechend hat die EZB anders als die Fed die Frage der Eindämmung des Zinsanstiegs am langen Ende der Laufzeiten etwas offener und proaktiver kommentiert.

Die Zinsentwicklung und der kurzfristige Wirtschaftsausblick für die USA hat den Dollar deutlich gestärkt. Der Wechselkurs USDCHF liegt aktuell bei 0.9337 und auch EURCHF ist stärker mit aktuell 1.1088. Über die mittlere Frist dürften aber die zu erwartenden höheren Inflationsdaten den USD wieder schwächen und langfristig rechnen wir damit, dass die massiv ausgeweitete US-Staatsverschuldung und das unter Trump deutlich angestiegene Handelsbilanzdefizit den Dollar schwächen werden.

Steigen die Hypothekarzinsen jetzt wieder?

Die Zinsbewegungen in den USA haben zu einem Anstieg der Zinsen für 10-jährige Festhypotheken um etwa +0.15% geführt. Der für Hypotheken preisbestimmende Swap Satz ist in den letzten Wochen sogar wieder leicht positiv gewesen, zum ersten Mal seit Sommer 2019, und notiert aktuell bei - 0.04% wieder leicht negativ. Wie schon im CIO Kommentar vom 1. März besprochen, raten wir zeitliche Refinanzierungsentscheide für Hypotheken nicht taktisch vorzunehmen, um im 0.1% - Bereich zu optimieren, sondern dabei strategisch vorzugehen. Konkret heisst das, dass man das historisch sehr tiefe Zinsniveau weiterhin nutzen kann, um sich langfristig tiefe Hypothekarzinsen zu sichern. Blickt man zurück, dann lagen die Zinsen für 10-Jahres Festhypotheken vor 10 Jahren bei etwa 3%, vor 20 Jahren bei etwa 4% und vor 25 Jahren deutlich über 5%. Dieser Rückblick soll verdeutlichen, dass es strategisch nicht um eine Optimierung im Zehntelprozent Bereich geht.
Das Risiko eines Anstiegs der Hypothekarzinsen sollte man nicht verdrängen. Allerdings spricht aus unserer Sicht wenig dafür, dass wir in diesen Wochen eine eigentliche Zinswende durchlaufen haben. Wir erkennen eher einen Anpassungsprozess an einen aufgehellten Wachstumsausblick für 2021. Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die – hoffentlich - besseren BIP-Wachstumszahlen für 2021 einen nahtlosen Übergang in eine Hochkonjunktur bedeuten. Sie stellen höchstens einen Wendpunkt dar, in eine mehrere Jahre dauernde Erholungsphase dar.

Heutige Marktentwicklung und Anlagestrategie (Stand ca. 12:45 8.3.2020 Basel Zeit)

Die deutlichen Kursgewinne am Freitagabend in den USA wirken sich heute Morgen auf die europäischen Börsen positiv aus. Der SMI ist aktuell gut 1% im Plus und auch der EuroStoxx 50 gewinnt fast 1%. In den USA wird heute mit einer negativen Eröffnung gerechnet, bei der ein Teil der Gewinne vom Freitag abgegeben werden.