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Marktausblick

Trumps Kehrtwende – Das Genfer Verhandlungsergebnis mit China

CIO Kommentar, Montag, 12. Mai 2025

Bunte Frachtcontainer übereinandergestapelt und bereit für die Verladung im Hafen von Rotterdam, Niederlande.
Dr. Sandro Merino, Chief Investment Officer

Marktdruck zeigt Wirkung

Wenige Tage nach seinen Zollankündigungen vom 2. April - am sogenannten «Liberation Day» - hat Trump die Zölle einstweilen mit einer Frist von 90 Tagen aufgeschoben. Allerdings galt dieser Aufschub nicht für die prohibitiv hohen Zölle zwischen China und den USA und auch ein universeller US-Importzoll von 10% bleibt bestehen. Die heftige negative Reaktion an den Aktienmärkten und steigende Zinsen für die Finanzierung der gigantischen US-Staatschulden haben Trump zu dieser abrupten Kehrtwende gezwungen. Auch Trumps widerholten Angriffe auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank haben zur Verunsicherung an den Finanzmärkten beigetragen. Die Folgen der radikalen US-Handelspolitik sind noch nicht deutlich in der Realwirtschaft angekommen. Es ist aber sichtbar, dass die Handelsströme aus China über die wichtigen kalifornischen Häfen deutlich rückläufig sind. Die Frist von 90 Tagen will die Trump Administration für den Abschluss von Handelsabkommen nutzen. Ein Handelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich wurde bereits abgeschlossen. Obwohl die frisch verhandelten Zölle nun viel tiefer sind als die Liberation-Day-Werte, stellen sie dennoch neue Handelsbarrieren dar. Ob dies im Interesse der USA sein kann, bleibt höchst fragwürdig.

Zollverhandlungen laufen weiter - Trump will günstigere Medikamentenpreise

Am vergangenen Wochenende vom 10./11. Mai fanden in Genf erste Verhandlungen zwischen China und den USA statt. Am heutigen Montag wurde für die kommenden 90 Tage eine Reduktion der Zölle um je 115% vereinbart. Damit erheben die USA neu 30% Zoll auf Importe aus China und US-Importe werden von China mit 10% belastet.

Auch die Schweiz konnte am Rande der Konferenz in Genf mit den USA über die drohenden Zölle von 31% verhandeln. Ein Verhandlungsergebnis ist bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Negativ auf den Schweizer Aktienmarkt lastet heute Trumps neueste Idee: Die Medikamentenpreise für US-Konsumenten sollen drastisch gesenkt werden. Würde dies tatsächlich so umgesetzt, wäre dies ein herber Schlag für Schweizer Pharma-Unternehmen.

Die deutlichen reduzierten Zolltarife zwischen den USA und China werden von den Aktienmärkten heute mit deutlichen Kursanstiegen begrüsst. Allerdings sind auch diese tieferen Niveaus für die US-Wirtschaft eine Belastung und sie werden zu deutlich mehr Inflation und einem tieferen Wachstum führen.

Handelsabkommen mit milden oder gar günstigen Folgen für den globalen Freihandel sind im weiteren Verhandlungsverlauf paradoxerweise möglich. Wir halten diese günstige Entwicklung aber für wenig wahrscheinlich. Erhebliche negative Folgen für das globale Wachstum sind aufgrund der Ausgangslage plausibler. Die bisherige regelbasierte globale Handelsordnung mit Institutionen wie der WTO ist faktisch durch ein US-Diktat abgelöst worden. Wie Wirtschaftsmächte wie China oder die EU in dieser neuen Handelsordnung bestehen können, wird sich zeigen.

Unklare Handelspolitik

Völlig unklar bleibt die Antwort auf die Frage welches volkswirtschaftliche Ziel Trump mit seiner Handelspolitik verfolgt. Eine drohende US-Rezession lässt diese Frage auch innenpolitisch noch stärker in den Vordergrund treten. Das US-Haushaltsloch dürfte per Ende des Fiskaljahres am 30. September ein neues besorgniserregendes Allzeithoch von weit über 2 000 Milliarden USD erreichen. Da wundert es nicht, dass Trump doch noch eine "Reichensteuer" einführen will. Auch hier eine Kehrtwende unter dem Druck der Realität, die unerbittlich in Trumps Traumwelt eindringt.

Anlagestrategie

In unserer Anlagestrategie konnten wir unsere Erwartung eine Kehrtwende Trumps für Zukäufe von Aktien kurz nach dem «Liberation Day» nutzen. Ende April haben wir einen guten Teil dieser Gewinne realisiert. Wir halten derzeit wieder eine taktisch neutrale Positionierung.
Die Aktienmärkte haben inzwischen wieder die Niveaus von vor dem «Liberation Day» erreicht. Aus unserer Sicht bringt dies sehr viel Optimismus zum Ausdruck. Diesen teilen wir nur bedingt.

US-Wirtschaft schrumpft im ersten Quartal

Das US-Bruttoinlandsprodukt ist im 1. Quartal leicht stärker geschrumpft als ohnehin erwartet. Im Vergleich zum Vorquartal schrumpfte die US-Wirtschaft um 0,3% (annualisiert). Ein wesentlicher Faktor für das leichte Minus des US-BIP war der Aussenhandel. Viele Unternehmen haben sich im Vorfeld von Trumps Liberation Day noch mit Waren aus dem Ausland eingedeckt. Das Defizit im Aussenhandel ist gestiegen, was das Wachstum des BIP belastet. Auch für das zweite Quartal ist mit Effekten des Handels auf das US-Wirtschaftswachstums zu rechnen.

Die US-Notenbank hat aufgrund der weiterhin hartnäckigen Inflation von 2,4% die Zinsen erwartungsgemäss nicht gesenkt. Die hohen Zölle könnten die US-Inflation in den nächsten Quartalen leicht in Richtung 4% beschleunigen.

CHF-Inflation fällt weiter - Negativzinsen?

In der Schweiz fällt die Inflation für April überraschend deutlich auf null. Fallende Energiepreise haben zu diesem Trend beigetragen. Die Kerninflation, welche ohne Preise für Energie und Nahrungsmittel ermittelt wird, fällt eben-falls von 0,9% (März) auf 0,6% (April).

Auf der Basis dieser neuesten Daten erwarten die Märkte im Juni und September zwei weitere Zinsschritte durch die SNB, welche den CHF-Leitzins auf Minus 0,25% bringen würden.

Heutige Marktentwicklung

Der Schweizer Aktienindex (SMI) fällt aufgrund Trumps Ankündigungen zu Medikamentenpreise um etwa 0,25%. Der deutsche DAX steigt um etwa 1%.
Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Futures-Börsen aufgrund der neu tieferen Zollsätze eine stark positive Börseneröffnung von gut 2% (Stand ca. 10.15 Uhr, 12. Mai 2025, Basel Zeit).

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