CIO Kommentar, Montag, 12. Juni 2023
Die Entwicklung der Inflation für den USD, EUR und CHF zeigt inzwischen etwas divergierende Trends. Während in der Schweiz die Inflation von Februar (3.4%) bis Mai (2.2%) deutlich gefallen ist, verharrt sie in der Eurozone trotz fallendem Trend mit 7% (April) auf sehr hohem Niveau. In den USA lag die Inflation im April mit 4.9% ebenfalls auf hohem Niveau. Falls sich die Erwartung eines Rückgangs im Mai auf 4.1% bewahrheitet, dann könnte die US-Notenbank eine Zinspause einlegen. Die Leitzinsen für den USD würden am 14. Juni dann also bei 5.25% belassen. Die US-Inflationsdaten, die am 13. Juni veröffentlicht werden, könnten für den Zinsentscheid somit massgeblich sein.
Weniger Spielraum hat die Europäische Zentralbank EZB. Sie dürfte am 15. Juni aufgrund der weiterhin hohen Inflation die Zinsen erneut anheben. Der EUR-Leitzins (Refinanzierungssatz) sollte am 15. Juni erwartungsgemäss von 3.75% auf 4% steigen.
Auch die Schweizerische Nationalbank wird am 22. Juni ihren planmässigen Zinsentscheid fällen. Erwartet wird eine Anhebung um 0.25%, was den CHF-Leitzins auf 1.75% ansteigen lassen würde. Der starke Franken, fallende Energiepreise und die schwache Konjunktur sind Faktoren, die dafür sprechen, dass die SNB schon sehr nah am Gipfel dieses Zinszyklus angekommen ist.
Die Wirtschaftsleistung der Eurozone ist im vierten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 im Vergleich zum jeweiligen Vorquartal um jeweils 0.1% leicht geschrumpft. Somit spricht man von einer Rezession. Dennoch verharrt die Arbeitslosigkeit in der Eurozone mit 6.6% auf einem Rekordtief. Auch in den USA und in der Schweiz war das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal nur leicht positiv. Die befürchtete Rezession ist aber ausgeblieben.
Mit 2% bleibt die Arbeitslosenrate in der Schweiz weiterhin sehr tief. In den USA haben die Arbeitsmarktzahlen für den Monat Mai die anhaltende Stärke des US-Arbeitsmarktes bestätigt. Die US-Arbeitslosigkeit bleibt auf einem sehr tiefen Stand von 3.7%. Die Lohnkosten in den USA sind im April gegenüber dem Vormonat durchschnittlich um 0.3% gestiegen; etwas weniger als noch im April. Es wird erwartet, dass die restriktive Geldpolitik der US-Notenbank eine moderate Abkühlung des US-Arbeitsmarkt bewirken müsste.
Im Streit um die Anhebung der US-Schuldenobergrenze kam es, wie es in der Vergangenheit immer gekommen ist, zu einem Kompromiss.
Die beiden politischen Lager haben sich darauf geeinigt, die Schuldenobergrenze anzuheben. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit der amerikanischen Regierung wurde damit abgewendet. Dass der Kompromiss erst kurz vor knapp zustande kam, gehört wohl zur Dramaturgie der politischen Prozesse in den USA und ist sicherlich mit darauf zurückzuführen, dass Republikaner und Demokraten sich gefühlt faktisch in einem Dauerwahlkampf befinden. Neben dem Kompromiss an sich und der damit verbundenen Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit ist unseres Erachtens positiv zu werten, dass die politischen Kontrahenten eine Verhandlungslösung gefunden haben, dass sich also weder Totalverweigerer bei den Republikanern noch bei den Demokraten durchsetzen konnten.
Nach der Übernahme der Regionalbank First Republic durch JP Morgan hat sich die Krise bei den US-Regionalbanken etwas gelegt. Ein ETF-Fonds, der die wichtigsten 38 US-Regionalbanken enthält, hat seit Anfang Jahr bist Mitte Mai fast 40% seiner Kapitalisierung verloren. Seither haben sich die Aktienkurse deutlich erholt. Der Wert des Fonds ist seit Mitte Mai entsprechend um etwa 15% gestiegen.
«Das Szenario einer erneuten globalen Bankenkrise scheint also mit der staatlich gestützten Rettung der Credit Suisse und der Intervention der US-Grossbank bei US-Regionalbanken abgewendet.»Dr. Sandro Merino, Chief Investment Officer
Das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung wurde einmal mehr abgewendet, Aktien sind gemäss unseren Analysen im Zusammenhang mit den Renditen von Obligationen fair bewertet, Inflationsraten sinken und der Zinserhöhungszyklus der Notenbanken nähert sich seinem Ende. Mit Hinblick auf die erhoffte Wiederbelebung der Konjunktur in 2024, dem Abebben der Leitzinserhöhungen sowie den robusten Unternehmensergebnissen halten wir an der taktischen Übergewichtung bei Aktien fest.
Der SMI-Index liegt am heutigen Montag etwa 0.5% im Plus. Auch der deutsche Aktienindex (DAX) gewinnt aktuell 0.6%. Für die US-Aktienbörsen signalisieren die Futures Indices eine ebenfalls positive Handelseröffnung (Stand 9:30 Uhr, 12.06.2023, Basel Zeit).