Sonderausgabe: CIO Kommentar, Freitag, 15. Mai 2020
Die fundamentale Lage hat sich seit Anfang des Jahres dramatisch verschlechtert. Zwischenzeitlich ist es Konsens, dass wir 2020 eine hoffentlich kurze, aber sehr heftige Rezession erleben. Die Massnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie haben zu einer Vollbremsung im wirtschaftlichen Leben geführt, die Wachstumsprognosen sind speziell für das 2. Quartal 2020 extrem negativ und die Arbeitslosenquoten steigen. Während das Instrument der Kurzarbeit in Europa und der Schweiz den Anstieg der Arbeitslosigkeit bis zu einem gewissen Grad abfedern dürfte, ist die Arbeitslosenquote in den USA im April auf 14,7 % gestiegen. Anfang Jahr lag diese noch bei 3,5 % und es wird mit einem weiteren Zuwachs um bis zu 10% im Monat Mai gerechnet. Die Folge der wirtschaftlichen Verwerfungen sind deutlich sinkende Gewinnerwartungen bei den Unternehmen für die kommenden Quartale, was eine Belastung für die Ertragserwartungen bei den Aktien bedeutet.
Nachdem wir mit einer Untergewichtung bei den Aktien in das neue Jahr gestartet sind und am 24. Februar die Untergewichtung ausgebaut haben, waren wir nach situativ im März durchgeführten Zukäufen (vgl. CIO Kommentare) bei den Aktien zuletzt neutral gewichtet. Da sich aber die Lage in den USA allem Anschein nach zunehmend verschlechtert – sowohl was die Bemühungen zur Eingrenzung der Pandemie betrifft, als auch in Bezug auf die zu erwartenden Wirtschaftsdaten – haben wir eine Reduktion der Aktienquote zu Lasten der US Märkte um 3 % beschlossen. Neu sind in unserer Referenz Strategie Ausgewogen Fokus Schweiz entsprechend bei Aktien rund 3 % untergewichtet.
Die Situation in den USA bleibt im Vergleich zu Asien und Europa hingegen weiterhin sehr angespannt. Ende April wurde die Zahl von einer Million bestätigter Infektionen überschritten. Aktuell ist die Zahl bei etwas weniger als 1.4 Millionen laborbestätigter Fälle angelangt. Der aktuelle Trend in den USA lässt befürchten, dass diese Zahl bis Ende Juni auf etwa 2 Millionen ansteigt. Es sind inzwischen bereits über 85'000 Menschen in den USA an Covid-19 gestorben. Rosa gefärbte Prognosen oder medizinische Thesen zu Medikamenten, die Donald Trump an seinen umstrittenen Pressekonferenzen vorstellt, erweisen sich oft nach wenigen Wochen als offensichtlich vollkommen falsch. Der aktuelle Trend in den USA lässt leider erwarten, dass bis Ende Juni insgesamt bereits 120'000 Menschen Opfer von Covid-19 sein werden. Es wird auch befürchtet, dass die zu früh geplanten Lockerungen diese Zahl bis in den Herbst nochmals deutlich ansteigen lassen werden. Selbst ein Anstieg der Zahl der Todesopfer auf weit über 200'000 bis in den Herbst, ist in den USA nicht auszuschliessen. Die Rechtfertigung der Lockerung mittels Abwägung des Wertes eines Menschenlebens in Relation zu den Kosten einer Fortsetzung des Lockdowns ist in der US-Politik in vollem Gange. Diese Diskussion wirkt für viele Menschen in Europa zynisch. Das Abwägen des Wertes von Leben gegenüber wirtschaftlichen Aspekten, stellt die unnötig hohen Opferzahlen als unvermeidlich dar und nicht als Folge eines misslungenen Krisenmanagements. Die Kritik an der US-Regierung wurde durch den demokratischen Senator Tim Kaine, Vertreter des Staates Virginia im US-Senat, anlässlich des Video Hearings zu den geplanten Lockerungen im Gesundheitsausschuss des US-Senat am 12. Mai auf den Punkt gebracht. Senator Tim Kaine vergleicht dabei die Situation in Südkorea und den USA. Beide Länder hatten am 3. März noch gleich wenige Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus. Seine Kritik war sehr konkret, hier die Punkte die er im Ausschuss vorgebracht hat.
Dies hat gerade am Anfang der Epidemie falsche Anreize geschaffen, trotz Symptomen Arztbesuche zu vermeiden und zur Arbeit zu gehen.Gemäss Senator Kaine haben die USA somit gegenüber Ländern, welche die Krise gut gemeistert haben, wie beispielsweise Südkorea, in vielen wesentlichen Faktoren keine angemessene Reaktion auf die Pandemie umgesetzt und bezahlen diese Versäumnisse mit einem unnötig hohen Verlust von Menschenleben. Diese Versäumnisse der Trump-Administration erklären laut Senator Kaine, dass in den USA pro Million Einwohner 40 Mal mehr Tote zu beklagen sind, als in Südkorea. Dies obwohl die USA über ein doppelt so hohes pro Kopf Einkommen als Südkorea und in allen Bereichen eigentlich über bessere oder mindestens gleich gute Ressourcen verfügen. Das Szenario einer langanhaltenden chronischen Wirtschaftsschwäche in den USA ist aus unserer Sicht wahrscheinlicher geworden. Dies wird auch die Erholung in Europa oder Asien spürbar beeinträchtigen.
Am heutigen Freitag eröffnen die weltweiten Aktienmärkte positiv. Die europäischen Aktienmärkte sind etwa 1 % im Plus. Der Schweizer SMI-Index ist aktuell etwa 0.6 % im Plus. Für die US-Aktienmärkte wird heute ebenfalls eine positive Eröffnung von ca. 1% erwartet. US-Aktien verlieren seit Jahresanfang je nach Index (Dow Jones / Standard % Poors 500) aktuell etwa 12% bis 17%, europäische Aktien etwa 25%, Schweizer Aktien etwa 10.5% und chinesische Aktien (CSI 300 Index) etwa 4.5 % (alle Zahlen per 15.5.2020 ca. 11:00, Basel Zeit, Markbewegungen seit Jahresanfang in CHF bewertet).
Wir wiederholen an dieser Stelle erneut, dass Angst ist in diesem Umfeld kein guter Ratgeber ist. Wir raten an Aktienpositionen festzuhalten. Möchten Sie regelmässig über die aktuelle Börsenlage informiert werden? Dann abonnieren Sie jetzt unseren Investment Letter.