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Marktausblick

Die Aktienmärkte stabilisieren sich trotz der vielen Krisen

CIO Kommentar, Montag, 18. Juli 2022

Dr. Sandro Merino, Chief Investment Officer

An den Finanzmärkten zeichnet sich erneut eine ereignisreiche und intensive Woche ab.

Im Mittelpunkt steht der Zinsentscheid der EZB am Donnerstag, 21. Juli. Die EZB Leitzinserhöhung der EZB steht fest, ungewiss bleibt, ob die Erhöhung +0.25% oder +0.50% betragen wird. Die US-Notenbank wird dann nächste Woche die Leitzinsen um mindestens 0.75% erhöhen und jagt damit der inzwischen auf 9.1% angestiegenen Inflation nach.

Ob nach dem Wartungsfenster der North Stream 1 Pipeline wieder russisches Gas nach Deutschland fliessen wird, könnte gegen Ende dieser Woche klarer werden.
Fliesst russisches Gas nur noch reduziert oder gar überhaupt nicht mehr, dann werden die Rezessionsszenarien für Deutschland und die Eurozone wieder zuoberst in den News Tickern stehen.

Die Prognose für Deutschland

Ein Gas-Lieferstopp seitens Russland könnte die deutsche Wirtschaftsleistung um etwa 3% vermindern. Damit wäre die gegenwärtige Konsensus Prognose für die deutsche Wirtschaft eines BIP-Wachstums von ca. +2% für 2023 Makulatur. Eine milde Rezession wäre dann für Deutschland unausweichlich.  In diesem Szenario könnte ein weiterer Preisschub für Gas und Öl auch die Inflation nochmals um weitere 3% anfachen. Allerdings könnten staatliche Ausgleichszahlungen an Haushalte wenigstens den privaten Konsum vor einem starken Einbruch bewahren.  

Als wären diese Themen nicht schon ausreichend, um die Märkte weiterhin nervös zu halten, so könnte diese Woche auch noch Italiens Premier Minister zurücktreten und damit Neuwahlen auslösen. Ein Anstieg der Risikoprämien für italienische Staatsanleihen bleibt auch hier eine Achillesferse für den Euro.

Nervosität in China's Immobiliensektor

Aber auch in China herrscht im Immobiliensektor weiterhin Nervosität. Die strikte Null-Covid Strategie hat offenbar zu einer grossen Zahl nicht fertiggestellter Wohnprojekte geführt. Dennoch müssen die Käufer unverschuldet bereits Hypothekarzinsen für diese unvollendeten Wohnungen bezahlen. Diese Situation hat offenbar zu Zahlungsverweigerungen seitens der Käufer geführt. Gemäss Analysten Berichten könnte etwa 300 Milliarden USD an Hypothekarvolumen von solchen Bauverzögerungen betroffen sein.

Der chinesische Regulator sucht nun einen Kompromiss zwischen Käufern und Banken, in welchem eine befristete Zinsbefreiung angeboten werden soll. Eine solche Lösung birgt aber die Gefahr, dass neue Begehrlichkeiten geweckt werden und weitere Käufer zu einem Zahlungsboykott motiviert werden. Dennoch dürfte, wie im Fall des gestrauchelten Immobilienentwicklers Evergrande, die chinesische Regierung den Streit mit einer Finanzierung beenden. Ein Finanzierungsbedarf von 30 bis 60 Milliarden um den Streit zu beenden, dürfte in der Agenda der chinesischen Regierung kein wirklich bedeutendes Thema sein.

Inwiefern diese kleinen Beben im chinesischen Immobiliensektor tatsächlich auf tieferliegende systemische Probleme bei der Bewertung chinesischer Immobilien hinweisen, bleibt hingegen eine umstrittene Frage. Diese Frage entzieht sich aber auch für uns einer abschliessenden und einheitlichen Einschätzung.     

Hitzewelle mit Ansage

Auch das Wetter trägt zum derzeitigen Krisenfokus bei. Die Briten leiden derzeit unter Rekord-Temperaturen, die noch vor wenigen Jahrzehnten allenfalls in der Sahara Wüste herrschten. Wenig überraschend sind Temperaturextreme in den vergangenen Jahrzehnten häufiger und höher geworden. Mit der weiterhin Jahr für Jahr stetig steigenden
CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre bleiben wissenschaftlich basierte Aussichten ausgesprochen düster.

Stellt man sich vor, wie eine andere Zivilisation von einem fernen Planeten aus, die Entwicklung unserer CO2 Konzentration verfolgen würde, dann würden sie wohl aufgrund der immer steiler steigenden Kurve zur Konklusion kommen, dass die Einwohner der Erde bisher gar noch nicht realisiert haben, wie gross die drohende Katastrophe sein könnte.   

In wenigen Jahrzehnten: Mögliche Unbewohnbarkeit von Gebieten in Südeuropa

Das 1.5 Grad Ziel wird zwar in der Politik noch diskutiert, es bleibt für dieses Ziel aber weniger als zehn Jahre, um drastische Reduktionen beim CO2-Ausstoss nicht bloss permanent zu diskutieren, sondern um diese auch real umzusetzen. Stellt man sich vor, wie die Temperaturkarte Europas bis 2040 an den heissesten Tagen im Sommer aussehen wird, dann muss man erwarten, dass im Süden Spaniens und Italiens mehrmals pro Jahrzehnt lebensbedrohliche Werte zwischen 45 und 50 Grad auftreten werden.

Die erwartete Häufung extremer Wetterereignisse war ja gerade eine der wissenschaftlichen Haupterkenntnisse im jüngsten UNO Klimabericht (IPCC 2022).

Innerhalb weniger Jahrzehnte könnten weite Gebiete Südeuropas, insbesondere jene fernab der Küsten, in heissen Sommern faktisch unbewohnbar werden.
Klimatisierte Schutzräume für die Bevölkerung könnten an solchen Lagen bei Hitzewellen schon bald Alltag sein.  

Heutige Marktentwicklung und Anlagestrategie

 Seit Mitte Juni haben sich die Aktienmärkte trotz vieler Unwägbarkeiten etwas stabilisiert.

Der Schweizer SMI-Index hat seit dem 2022 Tiefpunkt von Mitte Juni etwa 6% aufgeholt und verliert seit Anfang Jahr aber noch 11.5%.

Der SMI-Index ist heute im Plus und gewinnt etwa 1%.Auch der deutsche DAX-Index gewinnt etwa 1.3%.
Für die US-Aktienmärkte wird nach den deutlichen Gewinnen vom Freitag heute wieder eine positive Eröffnung erwartet (Stand ca. 13:15 Uhr, 18.7.2022, Basel Zeit).

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