CIO Kommentar, Montag, 24. Juni 2024
Nach den Zinsentscheiden der Europäischen Zentralbank EZB am 6. Juni (Senkung um 0,25%) und der US-Notenbank Fed am 12. Juni (Leitzins unverändert) hat die Schweizerische Nationalbank SNB am 20. Juni den CHF-Leitzins von 1,50% auf 1,25% gesenkt. Im Vorfeld des SNB-Entscheides war an den Finanzmärkten die Alternative den Zins unverändert zu belassen als etwa gleichwahrscheinlich betrachtet worden.
Offenbar hat die SNB die jüngste Stärke des Schweizer Frankens und die Erwartung weiter fallender Inflation ihrem Entscheid zugrunde gelegt. Ausserdem bleiben die Konjunkturerwartungen, insbesondere in der Industrie, weiterhin bescheiden.
Unter dem Strich hat die SNB nach der Senkung im März eine weitere Lockerung der Geldpolitik beschlossen.
Insbesondere waren die Mieten seit Anfang 2024 ein inflationstreibender Faktor. Durch die Zinssenkung wird die Entwicklung bei den Mieten sozusagen intrinsisch gedämpft.
Die Inflationsprognosen der SNB sehen eine Stabilisierung der Inflation bis Ende 2026 bei etwa 1%. Die SNB teilt mit, dass diese Prognose auf der Annahme beruht, dass der SNB-Leitzins über den gesamten Prognosezeitraum 1,25% beträgt.
Ohne die am 20. März beschlossene Zinssenkung läge die Inflationsprognose laut SNB gar tiefer.
Im längerfristigen Rückblick verzeichnet die Schweiz wenig Inflation. Der Index der Konsumentenpreise zeigt seit Anfang 2010 bis zum Ausbruch der COVID-19 Pandemie im Februar 2020 eine durchschnittliche Teuerung von 0%. Auch über die vergangenen 30 Jahre lag die Inflation durchschnittlich bei tiefen 0,7% pro Jahr.
Die ungelösten politischen Anstrengungen um die steigende Staatsverschuldung gewichtiger Mitglieder der Eurozone zu kontrollieren, insbesondere für Italien und Frankreich, könnten für die Schweiz bei einer weiteren fundamentalen Schwächung des Euros erneut inflationsdämpfend wirken.
In Anbetracht der Anfang Juli bevorstehenden Parlamentswahlen in Frankreich und der in wichtigen Mitgliedsländern der Eurozone stärker polarisierten politischen Landschaft scheint eine weitere fiskalpolitische Integration und ein Ausbau stringenter Kontrollmechanismen für überschuldete nationale Staatshaushalte wenig wahrscheinlich. Diese Rahmenbedingungen könnten erneut zu einer Schwächung des Euro gegenüber dem Schweizer Franken führen.
Insgesamt erscheinen uns für die Schweiz die Risiken einer sehr tiefen Inflation, die deutlich unter den Basisprognosen der SNB liegt, beträchtlich. Dies könnte zu einer erneuten Tiefzinsphase in der Geldpolitik führen, insbesondere mit CHF-Leitzinsen deutlich unter 1%.
Vorerst ist an den Finanzmärkten im Laufe von 2024 eine weitere Senkung des CHF-Leitzinses auf 1% eingepreist.
Die Aktienrally die seit Anfang November 2023 für erfreuliche Kursgewinne gesorgt hat, zeigt Ermüdungszeichen. Der Anstieg der Kurse von Anfang November 2023 bis zum 21. Juni 2024 ist eindrücklich. So ist der Schweizer SPI-Aktienindex gut 17% angestiegen und der US-S&P 500 Aktienindex legte fast 30% zu (in CHF berechnet).
Inzwischen sind die Bewertungen für US-Technologie Aktien die den Boom um die künstliche Intelligenz begründet haben und damit den gesamten US-Aktienmarkt gehoben haben auf astronomische Bewertungen angestiegen. Das Kurs-Gewinn Verhältnis des Chip Herstellers Nvidia liegt bei knapp 74 und der aktuelle Marktwert ist bereits doppelt so hoch, wie jener aller 208 börsenkotierten Schweizer Unternehmen im SPI-Index zusammengenommen.
Die Sorge um die Auswirkungen der französischen Parlamentswahlen Anfang Juli sind bereits an den Risikoaufschlägen für französische Staatsanleihen sichtbar. Auch der CAC 40-Aktienindex hat seit der Auflösung des Parlaments durch den Präsidenten Emmanuel Macron rund 7% verloren.
Aber nicht nur in Frankreich, auch im Vereinigten Königreich stehen Anfang Juli die 650 Sitze im Unterhaus (House of Commons) zur Wahl. Die konservative Partei die gegenwärtig mit 344 Sitzen die Regierung stellt, könnte gemäss einigen Umfragen eine historische Niederlage erleiden. Sogar die Aufnahme von Wiederbeitrittsverhandlungen mit der EU erscheint im Lichte der teilweise katastrophalen Auswirkungen des Brexits nun im Raum des politisch möglichen. Beispielswiese liegt die Inflation im Vereinigten Königreich immer noch bei sehr hohen 5,7% und ein Leitzins von 5,25% sorgt für gedämpfte Wachstumsperspektiven und eine zunehmend prekäre Kaufkraft für Haushalte mit tiefen Einkommen.
Unter dem Strich könnten die beiden Parlamentswahlen für Volatilität an den Finanzmärkten auslösen und Fragen zur strategischen Ausrichtung der EU und der Europäischen Währungsunion aufwerfen.
Ausserdem stehen auch in Deutschland ab September wichtige Landtagswahlen an, bei denen die rechtsextreme und unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende AfD-Partei in ostdeutschen Bundesländern (Thüringen, Sachsen) ihren Sitzanteil im Landtag erneut ausbauen könnte. Auch diese Entwicklung könnte zur Unsicherheit über die langfristige Stabilität des Euros beitragen.
Wir haben beschlossen, die Aktienquote zu reduzieren. Wir sind neu gemäss der strategischen Quote neutral allokiert. Die Erlöse der Gewinnmitnahmen werden vorerst als Liquidität (Geldmarkt CHF) gehalten.
Wir haben uns trotz solider globaler Konjunkturdaten und der jüngsten Leitzinssenkungen dazu entschlossen, die Übergewichtung bei den Aktien von über 4% abzubauen. In unserer Referenzstrategie «Fokus Schweiz Ausgewogen» sind wir nach diesen Gewinnmitnahmen mit 45% in Aktien, d.h. entsprechend der neutralen Quote investiert.
Der Schweizer SMI-Index ist mit einem Gewinn von 0,5% in die neue Handelswoche gestartet. Der deutsche Aktienindex (DAX) gewinnt ebenfalls rund 0,5 %.
Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Future am heutigen Montag einen gegenüber Freitag wenig verändert Handelsbeginn.
Der EURCHF Wechselkurs hält sich zu Wochenbeginn deutlich über die zuletzt geprüfte Marke von 0.95 (Stand ca. 11:30 Uhr, 24. Juni 2024, Basel Zeit).