Verdichtung war gestern: Ländliche Gebiete und grosszügige Bauten sind wieder attraktiv – Letztere bleiben aber oft Wunschdenken.
Die Digitalisierung hat den Städte- und Wohnungsbau vor der Pandemie geprägt. Aber diese verstärkt den Trend und passt die reale Welt den Verhältnissen auf Facebook an: «Man will Freunde haben, sich aber nicht allzu nahekommen», sagt Scognamiglio. Ergo wächst der Platzbedarf. Büro, Bastelraum, Fitnesszimmer, Gameroom und Home Cinema – alles wünscht man sich in den eigenen vier Wänden. Während die neu gebauten Wohnflächen im letzten Jahrzehnt kleiner wurden, deutet vieles auf eine Trendwende hin. Die Zahlen spiegeln das jedoch noch nicht. «Die Wohnflächen pro Kopf sind geschrumpft», sagt Scognamiglio. Das liege vor allem an den steigenden Preisen.
«Corona ist der grösste Standortförderer für ländliche Regionen.»
Der Professor ortet eine Diskrepanz: Gebaut wird aktuell nicht merklich grösser. Doch die Menschen suchen grössere Bauten. Die Folge ist eine Verschiebung in Regionen, in denen die Wohnfläche «erschwinglich» ist. Mit anderen Worten: «Corona ist der grösste Standortförderer für ländliche Regionen.»
Die Preise und die Anzahl verkaufter Immobilienobjekte stiegen 2020 weiter. In den liquidesten Marktregionen der Schweiz legten die Preise von Einfamilienhäusern um 3,7% zu, jene von Eigentumswohnungen um 0,5%. Erwartungen, wonach Corona zu Preissenkungen führen könnte, sind nicht eingetreten. «Was nicht ist, kann aber noch werden», mutmasst Scognamiglio.
Bereits 2019 sind in der Schweiz erstmals über eine Million Einfamilienhäuser gezählt worden, gemäss Bundesamt für Statistik. Die Sehnsucht nach der Idylle auf dem Land wächst, während sich Städte mit Herausforderungen herumschlagen müssen. Früher waren sie Treffpunkt, Marktplatz und Arbeitsort. Doch Amazon, Galaxus und Zalando laufen den physischen Shops den Rang ab. Zugleich erleichtert die Digitalisierung das «Homeoffice» wie nie zuvor und konkurriert das Büro in der Stadt.
«Die Entwicklung zeigt eine Momentaufnahme. Doch der Moment dauert bereits ein Jahr an», erklärt Scognamiglio: «Rechnet man die Auslandeinwanderung heraus, haben alle grossen Schweizer Städte schon in den letzten fünf Jahren an Bevölkerung eingebüsst.»