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Zeit, über Geld zu reden.

Wie wohl fühlen sich Schweizerinnen und Schweizer mit ihren Finanzen?

In einer Zeit, in der das Leben immer komplexer wird, spielt finanzielle Gesundheit eine entscheidende Rolle für unser allgemeines Wohlbefinden. Ein aktueller Bericht der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) beleuchtet dieses Thema und zeigt, wie wichtig es ist, die eigenen Finanzen im Griff zu haben.

Die Bedeutung des finanziellen Wohlbefindens

Finanzielles Wohlbefinden beschreibt nicht nur das blosse Vorhandensein von Geld oder materiellen Wohlstand. Vielmehr geht es um das ausgewogene Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben, das Sparen für die Zukunft sowie die Fähigkeit, finanzielle Entscheidungen zu treffen, die den eigenen Lebenszielen entsprechen. Eine solide finanzielle Basis kann uns dabei helfen, Stress zu reduzieren, Sicherheit zu schaffen und ein erfülltes Leben zu führen.

Ergebnisse der ZHAW-Studie

Die Studie der ZHAW verdeutlicht, wie stark das finanzielle Wohlbefinden mit der allgemeinen Lebenszufriedenheit verknüpft ist. Personen, die ihre Finanzen im Griff haben, berichten häufig von höherer Lebenszufriedenheit, weniger Stress und einem grösseren Gefühl der Kontrolle über ihr Leben. Die Fähigkeit, unerwartete Ausgaben zu bewältigen, ohne in Panik zu geraten, und das Wissen, dass für die Zukunft vorgesorgt ist, tragen massgeblich zu einem gesteigerten Wohlbefinden bei.

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Die psychologischen Aspekte des finanziellen Wohlbefindens

Interessant an der ZHAW-Studie ist auch der psychologische Aspekt: Menschen, die ihre Finanzen besser managen können, erleben weniger Unsicherheiten und Sorgen im Alltag. Sie profitieren von einer besseren mentalen Gesundheit und einem stabileren emotionalen Zustand. Insbesondere in Krisenzeiten, wie der jüngsten Pandemie oder wirtschaftlichen Turbulenzen, wird deutlich, wie sehr finanzielle Stabilität das psychische Wohlbefinden beeinflussen kann.

Finanzielle Kompetenz als Schlüssel zum Erfolg

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass finanzielle Kompetenz, also das Wissen und die Fähigkeit, sinnvolle finanzielle Entscheidungen zu treffen, ausschlaggebend für unser Wohlbefinden ist. Personen, die sich mit ihren Finanzen auskennen, sind besser in der Lage, ihre finanzielle Situation zu überblicken, vernünftige Entscheidungen zu treffen und sich sicher zu fühlen. Finanzielle Bildung und die Förderung finanzieller Kompetenz sollten daher schon früh im Leben beginnen, damit langfristig das Wohlbefinden gesteigert werden kann.

Sechs Fragen an Selina Lehner, Projektleiterin der Studie und Dr. Holger Hohgardt, Stellvertretender Projektleiter

1. Was hat Sie motiviert, diese Studie zum Thema finanzielles Wohlbefinden durchzuführen?

Selina Lehner (SL): Finanzen sind ein zentraler Aspekt unseres Lebens, aber im Gegensatz zu unserer physischen Gesundheit werden sie oft tabuisiert und nicht offen besprochen. Mir wurde das besonders bewusst, als eine mir nahestehende Person aufgrund einer Depression in die Sozialhilfe abrutschte, was die Abwärtsspirale noch verstärkte und Existenzängste auslöste. Es ist mir wichtig, das Bewusstsein für die Bedeutung des finanziellen Wohlbefindens zu schärfen.

«Es geht nicht nur darum, Wohlstand zu maximieren, sondern vielmehr darum, das Geld so zu nutzen, dass es zu einem erfüllten und zufriedenen Leben beiträgt.»
Selina Lehner

Dr. Holger Hohgardt (HH): Mich interessierte immer: Macht Geld glücklich? Das ist aber eine sehr allgemeine Frage, die sich nicht so leicht beantworten lässt. Das finanzielle Wohlbefinden ist bereits besser definiert und erforscht. Deshalb ist es spannend mit dieser Frage zu beginnen.

2. Welche Erkenntnis aus der Studie hat Sie persönlich am meisten überrascht?

SL: Ich war überrascht, wie sehr eine breite Palette von Aspekten – von Finanzwissen über Sparen und Planen bis hin zu Investieren – mit dem finanziellen Wohlbefinden positiv verbunden ist. So optimistisch war ich ehrlich gesagt nicht. In der praktischen Umsetzung hilft dies aber: Es gibt nicht nur eine richtige Methode, um das finanzielle Wohlbefinden zu verbessern. Vielmehr gibt es zahlreiche Ansätze, die je nach individuellen Umständen unterschiedlich wirken können. Das zeigt, dass es für jeden eine passende Strategie gibt, um finanzielles Wohlbefinden zu verbessern bzw. zu stärken, was sehr ermutigend ist. Allerdings bleibt das Einkommen ein entscheidender Faktor, da es Möglichkeiten zu sparen und zu investieren eröffnet. Doch auch dieses muss klug verwaltet und ausgegeben werden, weshalb wiederum Verhaltenskomponenten eine Rolle spielen.

HH: Wenn man sich mit dem finanziellen Wohlbefinden auseinandersetzt, merkt man schnell, dass es einerseits unterschiedliche Definitionen für finanzielles Wohlbefinden gibt und andererseits eine Vielzahl an Faktoren existieren, die mit dem finanziellen Wohlbefinden in irgendeiner Form verbunden sind. Diese Vielfalt hat mich sehr überrascht.

3. Wie stark beeinflusst die finanzielle Bildung in der Schule oder im Elternhaus das spätere finanzielle Wohlbefinden?

SL: Im Grundsatz ist finanzielle Bildung wichtig, um fundierte und selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können. Die Schule bietet die Möglichkeit, alle Schülerinnen und Schüler, unabhängig von ihrem familiären Hintergrund, mit grundlegenden Finanzkenntnissen auszustatten. Im Elternhaus hängt die Vermittlung von Finanzwissen stark vom Wissen der Eltern ab, was zu Ungleichheiten führen kann. Ich glaube, dass wir uns mehr darauf konzentrieren sollten, finanzielle Bildung systematisch in das Bildungssystem zu integrieren, um Chancengleichheit zu fördern. Dabei ist es aber auch wichtig, zu verstehen, dass Wissen allein nicht ausreicht – es braucht auch Motivation, praktische Anwendung und das richtige Umfeld, um finanzielle Entscheidungen erfolgreich umzusetzen. Hier können beispielsweise auch Finanzdienstleister einen Beitrag leisten, indem sie entsprechende Tools zur Unterstützung bereitstellen.
In unserer Studie haben wir nicht zwischen Schule und Elternhaus unterschieden, sondern allgemein nach Finanzwissen gefragt. Wir konnten zeigen, dass mit zunehmendem Finanzwissen auch das finanzielle Wohlbefinden steigt. Allerdings sprechen wir hier von einer Korrelation und nicht von einer Kausalität. Und jetzt ohne Fachjargon: Es ist eine klassische Huhn-oder-Ei-Frage. Die Herausforderung besteht darin, zu erkennen, ob Menschen mehr Finanzwissen haben, weil sie sich finanziell wohler fühlen und sich daher intensiver mit Finanzen beschäftigen, oder ob sie sich wohler fühlen, weil sie über mehr Finanzwissen verfügen. Dieser Aspekt wird in der Forschung intensiv diskutiert.

HH: Zusätzlich haben wir uns auch die Frage gestellt, was finanzielle Bildung überhaupt ist.

«Ist sie das theoretische Wissen, welches an Schulen und Hochschulen vermittelt wird oder die praktische Erfahrung im Umgang mit Finanzen?»
Dr. Holger Hohgardt

Messen wir eigentlich die «richtige» finanzielle Bildung? Wie Selina schon gesagt hat: Es braucht auf jeden Fall die Motivation sich mit Finanzfragen auseinanderzusetzen.

4. Welche Rolle spielen technologische Entwicklungen (z. B. FinTech) beim finanziellen Wohlbefinden?

SL: Wir müssen uns bewusst sein, dass Finanzen für viele Personen eher ein leidiges Thema und ein notwendiges Übel sind. Geld ist oft nur ein Mittel zum Zweck. Durch das finanzielle Wohlbefinden schaffen wir es, dass der eher transaktionale Charakter des Geldes emotionalisiert wird, die Leute also für Geldthemen empfänglicher werden. Technologische Entwicklungen können eine Unterstützung für das finanzielle Wohlbefinden sein, indem sie den Zugang zu Finanzinformationen erleichtern und komplexe Prozesse vereinfachen. Beispielsweise kann ich schneller und rund um die Uhr via E-Banking auf meinen Kontostand zugreifen. Ich glaube aber, dass wir in der Schweiz noch Luft nach oben haben. Beispielsweise gäbe es mit Budget- und Zielsetzungstools so viel mehr Möglichkeiten, die Leute in der Erreichung ihrer finanziellen Ziele zu unterstützen und damit zur Erhöhung des finanziellen Wohlbefindens beizutragen. Es gibt also noch viel Potenzial, insbesondere in der Entwicklung von Tools, die nicht nur informieren, sondern auch aktiv zur Erreichung finanzieller Ziele beitragen.

HH: FinTechs können den Zugang zu Finanzthemen deutlich erleichtern und z. B. über Gamification die Motivation steigern, sich mit Finanzen zu beschäftigen.

5. Gibt es Pläne für eine Fortsetzung der Studie oder ähnliche Forschungsprojekte, die sich eingehender mit dem finanziellen Wohlbefinden befassen?

SL: Absolut, finanzielles Wohlbefinden ist ein fortlaufend relevantes Thema, das langfristig in den Fokus gerückt werden sollte. Wir planen, die Studie regelmässig zu wiederholen, um Veränderungen über die Zeit hinweg zu dokumentieren. Zudem tauschen wir uns auch international mit anderen Forscherinnen und Forschern aus, um ein umfassenderes Bild davon zu bekommen, wie finanzielles Wohlbefinden in unterschiedlichen kulturellen und wirtschaftlichen Kontexten aussieht. Uns ist aber auch ein Anliegen, dass die Forschung nicht nur theoretische Erkenntnisse liefert, sondern auch praktische Auswirkungen hat und so das finanzielle Wohlbefinden in der Schweiz nachhaltig verbessert wird. Zur Förderung des finanziellen Wohlbefindens planen wir deshalb auch Projekte an verschiedenen Stellen: Ob es um neue Produkte und Dienstleistungen bei Finanzdienstleistern, Anpassungen im betrieblichen Gesundheitsmanagement bei Arbeitgebenden oder nationale Programme in Zusammenarbeit mit dem Staat geht – wir wollen auf allen Ebenen ansetzen.

HH: Das Thema «Finanzielles Wohlbefinden» wird immer interessanter, je tiefer man einsteigt. Deshalb werden wir sicher weiterforschen. Wie Selina bereits gesagt hat, gibt es auch viele unterschiedliche Ansatzpunkte, um konkrete praktische Auswirkungen zu erzielen.

6. Eine persönliche Frage: Was hat bei Ihnen am meisten zu Ihrem persönlichen finanziellen Wohlbefinden beigetragen?

SL: Mein eigenes finanzielles Wohlbefinden hängt stark davon ab, dass ich meine finanziellen Prioritäten klar definiert habe und mir bewusst bin, was für mich bzw. unsere Familie «gut genug» ist. Dadurch entsteht weniger finanzieller Stress und Druck. Beispielsweise haben mein Mann und ich uns bewusst für Teilzeitarbeit entschieden, um unsere Kinder gemeinsam zu betreuen. Dieser Entscheid führt aber auch zu Zielkonflikten, die unter anderem finanzieller Natur sind. Mein Ziel ist aktuell deshalb nicht, das höchste finanzielle Wohlbefinden zu haben. Geld ist wichtig, aber es ist nicht das Einzige, was zählt. Das finanzielle Wohlbefinden muss auch immer im Gesamtkontext betrachtet werden: Der Beruf oder unsere Familien, also soziale Beziehungen, beeinflussen unser Wohlbefinden ebenfalls. Geld schadet sicher nicht, ist aber nicht der einzige Schlüssel zu mehr Wohlbefinden und einem erfüllten Leben.

HH: Ich bin da etwas pragmatischer: Ich verbessere mein eigenes finanzielles Wohlbefinden, indem ich versuche systematisch zu sparen und Schulden zu vermeiden.

Fazit: Finanzielles Wohlbefinden als Grundlage für ein erfülltes Leben

Die ZHAW-Studie macht deutlich, dass finanzielles Wohlbefinden weit mehr ist als nur ein technisches Thema. Es ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Lebensqualität und beeinflusst nahezu alle Bereiche unseres Lebens. Indem wir lernen, unsere Finanzen zu managen, schaffen wir nicht nur eine solide Basis für unsere Zukunft, sondern steigern auch unser aktuelles Lebensglück und unsere Zufriedenheit.

Praktische Tipps für ein gesundes Finanzmanagement

Die Studie zeigt auf, dass es nicht nur darum geht, über ein bestimmtes Einkommen zu verfügen, sondern vor allem darum, dieses effektiv zu verwalten. Hier sind einige bewährte Strategien:

  1. Budgetplanung: Ein gut strukturiertes Budget hilft dabei, die monatlichen Ausgaben im Blick zu behalten und sicherzustellen, dass man nicht mehr ausgibt, als man einnimmt.
  2. Notfallfonds: Ein Notgroschen, der drei bis sechs Monatsausgaben abdeckt, kann finanzielle Schocks abfedern und sorgt für ein Gefühl der Sicherheit.
  3. Langfristiges Sparen: Regelmässiges Sparen für langfristige Ziele wie Altersvorsorge oder grössere Anschaffungen mindert finanzielle Sorgen und schafft Perspektiven.
  4. Schuldenmanagement: Der bewusste Umgang mit Schulden und der Fokus auf deren Reduzierung können helfen, das finanzielle Wohlbefinden zu verbessern und Stress zu verringern.
  5. Kontinuierliche Weiterbildung: Sich ständig über finanzielle Themen zu informieren und weiterzubilden stärkt die eigene finanzielle Kompetenz und das Selbstbewusstsein im Umgang mit Geld.

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