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Vorsorgen

Für immer und ewig

Es ist höchste Zeit für einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Ressourcen. Wie das geht, macht die Natur vor. In ihr gedeiht alles im Überfluss, ohne dass Abfälle anfallen. Ihre Kreisläufe sind Vorbild für die Abwassernutzung, den Einkauf ohne viel Verpackungsmaterial und eine Waldnutzung, die nicht auf den Holzweg führt.

Den Moment geniessen

Ewiger Kreislauf? Beim blossen Gedanken daran kann einem schwindlig werden. Das sagt zumindest der Philosoph und Publizist Ludwig Hasler: «Wir leben in der Endlichkeit und sind gar nicht in der Position, zeitlos, geschweige denn ewig, zu denken.»

In den vorchristlichen Kulturen hingegen war das anders. Man sah die Zeit als ewigen Kreislauf, als Rhythmus des Lebens und wählte als Symbol dafür das Rad, das keinen Anfang und kein Ende hat.

Vom Kreislauf zum Pfeil

Das ist heute anders, erklärt Ludwig Hasler: «In der christlich geprägten Kultur ist die Zeit ein Pfeil, also ein Zeitstrahl. Zeit wird zur Geschichte, die vorwärtsstrebt. Die Vorstellung des ewigen Kreislaufes wurde ausgehebelt.» Mit der Schöpfung gab es einen Anfangspunkt. Das Jüngste Gericht setzte den Schlusspunkt, ergänzt Hasler.

Im 18. Jahrhundert säkularisierte die Aufklärung dieses Szenario. Der Mensch kippte Gott aus dem Spiel und ersetzte ihn mit Fortschritt, der nach immer neuen Zielsetzungen verlangt: reicher, schöner, schneller, gesünder. «Seither geben wir uns den Takt vor», sagt der Philosoph. «Wir lassen uns von den selbst gesetzten Zielen hetzen und riskieren dabei, unter die Räder dieses Taktes zu geraten. Ich erinnere an Charlie Chaplin im Filmklassiker ‹Modern Times›. Das Ziel rechtfertigt alles, die Zukunft frisst die Gegenwart.»

Wenn wir nicht im Augenblick leben, spielt die Zeit immer gegen uns – sinniert Hasler. Und wir drehen uns höchstens emotional im Kreis.

Dr. Ludwig Hasler ist Universalgelehrter – Physiker, Publizist, Philosoph.

Eine bäumige Angelegenheit

Toni Jäger ist ein alter Hase. Seit 41 Jahren kümmert sich der Förster um den Churer Wald, heute ist er Leiter Abteilung Wald und Alpen.

Mit seinem Team pflegt er 3 700 Hektaren Wald. Viel Arbeit zwar, doch Toni Jäger ist fasziniert von seinem Arbeitsort, der sich ständig verändert. «Im Churer Wald wachsen pro Tag zwei Sattelschlepper (40 Tonnen) Holz nach. Das muss man sich einmal vorstellen!»

Nachhaltige Holznutzung

Jährlich werden über 12 500 Kubikmeter Holz aus dem Churer Wald genutzt. Aus Sicht des Försters allerdings zu wenig effizient. «Der Kreislauf Wald funktioniert dann, wenn wir das Holz mehrfach nutzen. Zuerst als unbehandelter Baustoff, dann als Verpackungsmaterial und schliesslich als Heizstoff», erklärt Toni Jäger. «Wird mit Holz geheizt, schliesst sich der Kreislauf, da die Verbrennung gleich viel CO2 freisetzt, wie die Bäume im Verlauf ihres Wachstums der Atmosphäre entzogen haben.»

Diversität im Schutzwald

Der Churer Wald besteht zu 80% aus Schutzwald. Also aus Wald, der Menschen, Tiere und Infrastrukturen vor Lawinen, Steinschlag und Hangrutsch schützt.

«Wir brauchen für den Schutzwald möglichst viele einheimische Baumarten in unterschiedlichem Alter auf möglichst kleinem Raum», erklärt der Förster die Ausgangslage. Die Vielfalt der Baumarten gilt es zu fördern, weil Käferbefall oder Krankheiten oft artspezifisch sind. Bestünde der Schutzwald nur aus einer Baumart, wäre der ganze Schutzwald gefährdet.

Die Verjüngung des Waldes ist ebenfalls wichtig, so Jäger. «Wir warten nicht, bis die Bäume wegen Altersschwäche von selbst umfallen, sondern schaffen mit dem Holzschlag punktuell Platz für nachwachsende Jungbäume.»

Toni Jäger betont aber, dass es die alten Bäume, die teilweise bis zu 400 Jahre alt werden, dennoch braucht. «Es ist die Durchmischung, die zählt», so der Förster. «Wir greifen ein Stück weit in den natürlichen Kreislauf ein. Doch nur so kann der Schutzwald seine Funktion dauerhaft erfüllen.»

Toni Jäger kennt den Churer Wald wie kein Zweiter. Er leitet als Förster die Abteilung Wald und Alpen.

Der Kreislauf im Öko-Lädeli

Die Kreislaufwirtschaft orientiert sich an der Natur als Vorbild. Das Ziel ist ein geschlossener Kreislauf, in dem es keine oder kaum Abfälle gibt. Eine Idee, welche die 31-jährige Marion Schiess schon lange begeistert. Allerdings wollte sie nicht bei der Idee stehen bleiben und schritt vor mehr als drei Jahren zur Tat. Mit der Unterstützung von Freunden eröffnete sie den ersten Unverpackt-Laden in St. Gallen, den «Ganzohni».

«Wir verkaufen qualitativ hochstehende Produkte, die dem Nachhaltigkeitsgedanken entsprechen: regional, saisonal, fair produziert und mit kurzen Transportwegen», erklärt die Geschäftsführerin das Prinzip von «Ganzohni». Den grössten Teil der Produkte bietet sie ohne Verpackung an. «Die Kundschaft bringt ihre eigenen Behälter mit und füllt Müesli, Tee oder Teigwaren in der gewünschten Menge ab», so Schiess. Das braucht Zeit. «Die Kundinnen und Kunden sollen stressfrei und achtsam einkaufen.»

Nicht mit dem Mahnfinger

Der «Ganzohni»-Laden regt an, den eigenen Konsum zu überdenken. Mit ihrem Konzept setzt Marion Schiess ein Zeichen gegen den Verpackungswahn und für die Natur. 100% ökologisch und nachhaltig bleibt aber auch bei «Ganzohni» Wunschdenken. «Dörrfrüchte in Grossmengen aus dem Ausland gibt es im Einkauf, aus Schutz vor Schädlingen, noch nicht plastikfrei. Trotzdem bieten wir sie in unserem Laden an», nennt Marion Schiess ein Beispiel. «Wir wollen den Leuten nicht dauernd ein schlechtes Gewissen einreden.»

Sie selbst lebte eine Zeit lang sehr konsequent. «Ich fragte mich Dinge wie: Darf ich an ein Festival, das Getränke in Plastikbechern ausschenkt? Irgendwann merkte ich, dass ich mich immer mehr isolierte. Heute habe ich eine gesunde Balance gefunden.» Sie isst auch mal eine Tüte Chips, ohne das Gefühl zu haben, sich rechtfertigen zu müssen.

Ein Minimum an Abfall

Ganz ohne Abfall geht es auch bei «Ganzohni» nicht. «Wir füllen pro Woche einen 35-Liter-Abfallsack. Und einen kleinen Kübel mit Kompost.» Frischwaren, die nicht mehr lange haltbar sind, verwenden Marion Schiess und ihr Team für das tägliche Mittagsmenü. Bleibt doch mal etwas übrig, werden das Gemüse und die Früchte eingemacht und kommen entweder in den Verkauf oder in die Küchen des Ganzohni-Teams. Ein Team, das bereit ist, wirtschaftliche Einbussen hinzunehmen, um den Traum von «Ganzohni» zu leben.

Marion Schiess arbeitete als gelernte Arbeitsagogin und Köchin, bis sie den Unverpackt-Laden «Ganzohni» eröffnete.

Abwasser, eine saubere Sache!

Das köstlichste Trinkwasser fliesst meist von den Wäldern zu uns. Denn der Waldboden bildet einen hochwirksamen Filter. Durch verschiedene Schichten bauen Bakterien die Verunreinigungen im Regenwasser biologisch ab.

Waldboden als Wasserfilter

Genau das macht sich die IWB in der Stadt Basel bei der Trinkwasseraufbereitung pionierhaft zunutze. Wasser aus dem Rhein gelangt im Landschaftspark «Langen Erlen» in Schnellfilteranlagen. Anschliessend fliesst es in Wässerstellen, wo das gefilterte Wasser im Waldboden versickert und natürlich gereinigt wird. Viele Stoffe, die nicht ins Trinkwasser gehören, bleiben im Boden zurück und werden abgebaut.

Das Wasser – inzwischen in bester Trinkqualität – vermischt sich mit dem natürlichen Grundwasser. Brunnen befördern es in die Trinkwasserproduktion, wo ein Aktivkohlefilter noch geringste Spuren unerwünschter Stoffe entfernt. Nach einer letzten Behandlung, welche Korrosionsschäden in Leitungen und Geräten verhindert, gelangt das Trinkwasser in die Haushalte.

Gelb, braun oder grau?

Doch auch Fäkalien und Schmutzwasser haben ihre Funktion. Sie prägen den Job von Kai Udert, Nährstofftechnologe an der Eawag, dem Wasserforschungsinstitut der ETH. Sein Forschungsgebiet: die effiziente Nutzung der Abwasserressourcen.

Der Forscher unterscheidet zwischen unterschiedlichen Abwasserströmen: Gelbwasser (Urin), Braunwasser (Kot) und Grauwasser. Zum Grauwasser zählt nur leicht verschmutztes Wasser, das beim Händewaschen, beim Duschen, Baden, von der Waschmaschine und vom Geschirrspüler entsteht. «Mit einer Grauwassernutzungsanlage kann das Wasser nur mit aufwendiger Technik zum Trinken verwendet werden, aber für die Toilettenspülung oder zum Bewässern des Gartens reicht es allemal», erklärt Kai Udert. «Zudem eignet sich Grauwasser auch für die Wärmerückgewinnung.»

Bei Fäkalien nicht die Nase rümpfen

Aus Urin lässt sich laut dem Abwassertechnologen hochwertiger Dünger herstellen. «Urin enthält viel Stickstoff, Kalium und Phosphor – Stoffe, die Pflanzen für das Wachstum brauchen.» Durch Nahrung führen wir unseren Zellen immer wieder neue Nährstoffe zu. Überflüssige Nährstoffe scheiden wir über den Urin aus. Ein spezielles Verfahren sorgt dafür, dass der Dünger nicht stinkt und keine schädlichen Stoffe enthält, erklärt Kai Udert. «Der Urin wird stabilisiert, ohne dass die Nährstoffe verloren gehen. Durch Erhitzung werden Krankheitserreger abgetötet.» Der «Urin-Dünger» – an sich eine alte Idee – ist bereits in der Schweiz, im Fürstentum Liechtenstein und in Österreich zugelassen.

Prof. Dr. Kai Udert forscht an der Eawag an der Ressourcenrückgewinnung aus Abwasser.