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Investieren in China – das sollten Sie darüber wissen

Chinas Wirtschaft boomt – macht dies das Investieren in China attraktiv?

China überholt die USA schon bald als grösste Wirtschaftsmacht. Soll man nun ins Anlagethema China investieren? Anlegerinnen und Anlegern stellen sich einerseits moralische Fragen, andererseits ist es anspruchsvoll, interessante Anlagemöglichkeiten zu finden.

Beraten werden

Am G7-Gipfel von Mitte Juni zeigte sich das Dilemma exemplarisch: Europa steht wirtschaftlich zwischen China und den USA. Die USA schlugen ein Infrastrukturprogramm als Investitionsalternative zum chinesischen Multimilliardenprojekt «Neue Seidenstrasse» vor und versuchten damit, Chinas wirtschaftliches Wachstum einzubremsen.

Die europäischen Länder unterstützten ihren Partner jedoch nur mit mehr oder weniger grosser Begeisterung: So zieht Grossbritannien mit, während sich Deutschland und Italien zurückhalten, da sie ihre starken Wirtschaftspartnerschaften mit China nicht gefährden wollen. Auch andere europäische Länder halten sich bedeckt. Kein Wunder, hat doch China die USA 2020 als wichtigsten Handelspartner der EU überholt.


«Europa steckt im Sandwich zwischen den USA und China.»
Peter Berger, Senior Investment Advisor

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China wahrscheinlich schon 2028 an der Weltspitze

In der Tat steigt China scheinbar unaufhaltsam zur grössten Wirtschaftsmacht auf. Das prognostiziert das britische Centre for Economics and Business Research (CEBR) schon für 2028. 2050 soll die chinesische die US-Wirtschaft kaufkraftbereinigt sogar um 50 % überragen (siehe Abb. 1).

Das CEBR schätzt, dass die USA bis 2050 gar hinter Indien auf den dritten Rang zurückfallen werden. Gleichzeitig wird sich der Abstand zwischen den drei grössten Volkswirtschaften (China, Indien und die USA) und dem Rest der Welt signifikant vergrössern. Europa wird deutlich verlieren: Im vergangenen Jahr rangierten mit Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und Italien vier europäische Länder unter den zehn grössten Volkswirtschaften der Welt, im Jahr 2030 sieht PwC noch Deutschland und Grossbritannien in den Top 10, ab 2050 nur noch Deutschland.

China gewinnt im Pazifikraum und in Afrika

Während der Handelskonflikt mit den USA weiterschwelt, hat China im November 2020 mit 14 asiatisch-pazifischen Staaten das grösste Freihandelsabkommen der Welt, das «RCEP» geschlossen. Diese neue Wirtschaftspartnerschaft umfasst 2,2 Milliarden Menschen und knapp ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung. Dabei profitierte China vom Vakuum, das der US-amerikanische Rückzug unter der Trump-Administration von den Verhandlungen zur Transatlantischen Freihandelszone zwischen den USA und Europa (TTIP) hinterlassen hatte. Gleichzeitig baut China die seit 2006 laufenden Investitionsprogramme in Afrika im Rohstoffsektor (Erdöl, Gas, Erze) sowie in die Entwicklungs- und Militärhilfe sukzessive aus.

«China wird die USA als wirtschaftliche Supermacht ablösen.»

Neben diesen ökonomischen sprechen auch strukturelle Faktoren dafür, dass China die USA als ökonomische Supermacht in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts ablösen wird. So will sich die Volksrepublik grundlegend modernisieren und bis 2035 ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf eines «mittleren Industrielandes» erreichen. Dafür sollen Schlüsseltechnologien vorangetrieben werden und China so zu einem der innovativsten Länder machen. Zusätzlich will sich das kommunistisch regierte Land «sanktionssicherer» machen.

Chinesische Binnenwirtschaft als Motor

Dank eines stärkeren Binnenmarktes sollen sich nach der Strategie des «doppelten Wirtschaftskreislaufs» die Binnen- und die Aussenwirtschaft gegenseitig ankurbeln. Strukturreformen und Innovationen in Big Data, künstlicher Intelligenz und Integration des Internets sollen das Angebot verbessern, ausweiten und zu steigender Nachfrage führen. Parallel sollen die Löhne steigen und der Dienstleistungssektor ausgebaut werden. Auch soll die Mittelschicht wachsen und so die Binnennachfrage steigern. Die hohen Verteidigungsausgaben unterstützen zusätzlich Innovationen in Kommunikation, Transport und Energie. Ebenfalls investiert China immer mehr in Forschung und Patentanmeldungen.

Die ökonomische Dominanz der USA schwindet

Donald Trump entfachte den Machtkampf zwischen den USA und China. Sein Nachfolger führt diesen weiter, nur mit einer anderen Rhetorik. Auch Joe Biden will es nicht zulassen, dass China die USA als mächtigste Volkswirtschaft der Welt überholt. Allerdings gehen selbst die Wachstumsprognosen des US-Kongresses davon aus, dass die USA spätestens in 15 Jahren die Welt wirtschaftlich nicht mehr anführen werden. Doch dank ihrer Stärken in den Finanzmärkten, in Technologie und Wissenschaft, bei Militär und Aussenbeziehungen dürften die USA längerfristig, allen Kassandrarufen zum Trotz, weiter dominieren.

Renminbi statt US-Dollar?

Gleiches gilt für den Status des US-Dollar als Welt-Reservewährung. Der Internationale Währungsfonds weist den US-Dollar heute als das am häufigsten als Währungsreserve gehaltene Geld aus. Am Ende des ersten Quartals 2021 betrug sein Anteil rund 59% der globalen Reserven. Gleichzeitig gilt der US-Dollar als stabilste und liquideste Währung im Welthandel. Angesichts der politischen Spannungen in und mit China können wir uns derzeit nur schwer vorstellen, dass der Renminbi diese Rolle übernehmen wird.

Der wirtschaftliche Aufschwung stärkt China auch politisch. Und gerade damit tut sich das kommunistische Regime schwer. Es gibt innenpolitische Spannungen mit einzelnen Volksgruppen wie Tibetern, Uiguren, Kasachen, Tataren, Kirgisen, Mongolen und Zhuang. Aussenpolitisch streitet China mit einer Reihe von Ländern. Es verhält sich aggressiv gegenüber Taiwan, liegt mit Japan in einem schwelenden Konflikt um eine unbewohnte Inselgruppe, dazu kommen Spannungen mit Vietnam und den Philippinen. Der Grenzverlauf mit Indien ist ungeklärt. Afrikanische Länder wehren sich gegen intransparente und einseitige Kreditbedingungen, wo China als unnachgiebiger Geldgeber auftritt. Auch im jüngsten Streit mit Australien – weil das Land die Neue Seidenstrasse nicht mitfinanzieren will – zeigt die chinesische Führung, wie kompromisslos sie selbst gegen wichtige Handelspartner vorgeht. Diese Konflikte haben gesamthaft das Potenzial, die Rolle des Renminbi zu begrenzen.

Europa muss auf Koexistenz und Kooperation setzen

China ist 2020 zum wichtigsten Handelspartner der EU aufgestiegen. Europa befindet sich in einer «Schraubstock-Position» zwischen China und den USA: Wie soll sich Europa dazwischen positionieren? Soll Europa mit den USA und alliierten Staaten einen Gegenpol zu China bilden? Richtig heikel wird der Umgang mit China bei sozial- und wirtschaftspolitischen Themen, bei den Menschenrechten, seiner Behandlung von Minderheiten, der freien Meinungsäusserung, dem Diebstahl geistigen Eigentums oder dem gegenseitigen Zugang zu den Kapitalmärkten. Wir erwarten, dass die Beziehungen zwischenzeitlich sehr schwierig werden. Denn der Konflikt zwischen den USA, Europa und China ist nicht nur ein Handelsstreit, sondern eine säkulare Auseinandersetzung zweier rivalisierender Systeme. Aufgrund der starken wirtschaftlichen Verflechtung mit China muss Europa einen pragmatischen Weg einschlagen, um keinen der beiden Handelspartner China und USA zu vergrämen, ohne dabei die eigenen Wert- und Normvorstellungen zu opfern.

«Investitionen in China sind auch eine Frage der persönlichen Wertvorstellungen.»

Sollten Sie ins Anlagethema China investieren?

Bei dieser Anlageentscheidung kommen Sie um moralische Abwägungen nicht herum. Können Sie Anlagen in ein autoritäres System, das freie politische Willensbildung und grundlegende Menschenrechte nicht gewährleistet, mit Ihrem Gewissen vereinbaren?

Investoren kommen bei ihren Anlageentscheidungen in Sachen China um Fragen zu den eigenen Werten, wie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte, nicht herum.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob sich angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen Investitionen in China lohnen. Hierbei spielen die üblichen Risiko- und Renditeüberlegungen eine wesentliche Rolle.

Wird China die USA in den nächsten Jahren auch als die beste Anlageregion ablösen?

Das ist nicht gesagt, denn

  • es gibt keinen statistischen Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftswachstum eines Landes sowie den Aktienrenditen seiner Unternehmen und
  • das chinesische Wachstum wird hauptsächlich von Unternehmen getrieben, die nicht an der Börse kotiert sind, während in den USA grösstenteils börsenkotierte Konzerne für das Wachstum sorgen.

Zudem sind chinesische Firmen weniger transparent in Sachen Rechnungslegung, Geschäftsbeziehungen und/oder Nachhaltigkeit. Ausserdem kann Chinas Gerichtsbarkeit im Schadenfall nicht unabhängig agieren.

Insofern gilt es für jeden Anleger das Für und Wider von Investitionen ins Anlagethema China sorgfältig zu überprüfen und für sich abzuwägen.

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