Man muss nicht um den heissen Brei herumreden: Die letzten Wochen zehrten Aktionären an den Nerven. Wie es an den Börsen in naher Zukunft weitergeht, kann niemand mit Sicherheit sagen. Zeit, sich ein paar grundsätzliche Gedanken zu Risiko, Rendite und Anlagehorizont zu machen.
Dass Covid-19 unser Leben derart schnell und drastisch verändern würde, war noch vor Kurzem unvorstellbar. Ähnliches gilt für die Entwicklung an den Börsen: Die in der Retrospektive berechtigte Angst vor einer Pandemie hat weltweit zu Ausverkäufen und Kursstürzen an den Aktienmärkten geführt.
Selbst eine Diversifikation über verschiedene Anlageklassen und Regionen hat wenig genützt: Die Rückschläge betrafen alle. In der Folge mussten aktive und passive Fonds genauso Federn lassen wie Säule-3a-Konteninhaber, die auf Wertschriften setzen.
Wie es an den Märkten weitergeht, weiss niemand. Noch immer können das Ausmass der Pandemie und die Wirkung der vom Bundesrat getroffenen Massnahmen schwer eingeschätzt werden. Im besten Fall sind alle Geschäfte bereits in ein paar Wochen wieder offen und auch die Börsen legen wieder zu. Weniger optimistische Prognosen gehen davon aus, dass uns Covid-19 massiv länger beschäftigen wird. Eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Krise und der Entwicklung an den Börsen spielen auch die von den Regierungen und Notenbanken beschlossenen Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes.
All das sind Unsicherheiten, mit denen wir momentan leben müssen, zumal das Virus in gewissen Weltregionen ja erst jetzt ankommt.
Die drastischen Rückschläge haben vor Augen geführt, was in den letzten Jahren, bei manchen zumindest, etwas vergessen ging: Die Weltwirtschaft ist aufgrund der starken Vernetzung für globale Krisen anfälliger geworden – und die Börse ist keine Einbahnstrasse. Über ein Jahrzehnt wurden risikofreudige Anleger mit guten Renditen belohnt. Covid-19 hat schmerzlich in Erinnerung gerufen, dass höhere Renditen mit höheren Risiken verbunden sind.
Was aber immer noch gilt: Wer in Aktien investiert ist – sei es direkt, via Fonds oder Säule-3a-Konto –, darf sich von solchen Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Das gilt ganz besonders für alle, die bei der Säule-3a auf Wertschriften setzen. Dort beträgt der Anlagehorizont nicht Monate oder Jahre, sondern Jahrzehnte. Aus der Sicht eines langfristigen Anlegers ist in den letzten Wochen die Welt nicht zusammengebrochen. Bei Schweizer Aktien hat er beispielsweise – Stand 1. April – vielmehr einen Teil der Gewinne des Jahres 2019 verloren. Das ist zwar bitter, aber kein Grund, die langfristige Strategie über den Haufen zu werfen.
Säule-3a-Konto-Inhaber, die kurz vor der Pension stehen, sollten von der derzeitigen Lage weniger stark tangiert sein. Wenn sie dem Rat der Experten gefolgt sind, haben sie den Aktienanteil in den letzten Jahren stetig heruntergefahren – und ihre Verluste halten sich in kleinerem Rahmen.
Für alle anderen gilt: 2020 ist bisher nur ein (zugegeben bisher sehr schwieriges) Kapitel eines dicken Buchs, dessen Ende längst nicht geschrieben ist.
Aber so abgedroschen es auch klingt, so richtig ist es: Jede Krise gibt uns die Chance, etwas für die Zukunft zu lernen. In diesem Fall ist es die Lektion, dass das Erstellen eines Rendite-Risiko-Profils nicht leichtfertig erfolgen sollte, sondern mit grosser Sorgfalt. Eine langfristige Finanzplanung darf von solchen Rückschlägen nicht aus der Bahn geworfen werden, sie muss mit ihnen rechnen.
Eine Lektion dürften Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bereits gezogen haben: Eine Pandemie, vor der Experten schon länger gewarnt haben, ist nicht nur eine potenzielle Gefahr – sondern eine äusserst reale. Dass Covid-19 derzeit alles inklusive der Börsen auf den Kopf stellt, ist auch der allgemeinen Unterschätzung dieser Gefahr geschuldet.
Es ist zu hoffen, dass wir auf die nächste Pandemie besser vorbereitet sein werden – auf allen Ebenen. Behörden ergreifen die nötigen Massnahmen, um die Verbreitung zu verhindern oder zu verzögern, rechtzeitig und bestimmt. Die Bevölkerung wird wissen und verstehen, was auf sie zukommt. Man kann auf die Erfahrungen mit den jetzt getroffenen wirtschaftlichen Unterstützungspaketen zurückgreifen. Die allgemeine Lernkurve ist derzeit steil wie nie zuvor – und man stellt fest, dass vieles überraschend gut funktioniert. Darauf können wir uns alle beim nächsten Mal verlassen.
Im Moment sind diese Aussichten erst mal nur ein Silberstreifen am Horizont. Es geht jetzt darum, die aktuelle Krise so gut wie möglich zu überstehen. Aber gerade, wenn es täglich neue schlechte Nachrichten gibt, ist ein positiver Ausblick auf Übermorgen umso wichtiger.