Das eigene Vermögen vererben oder es vermachen: ist das nicht das Gleiche? Ganz und gar nicht, denn in juristischer Hinsicht bestehen grosse Unterschiede. Wir erklären, wie sich Erbe und Vermächtnis voneinander unterscheiden und was Sie tun müssen, damit Ihr Nachlass so verteilt wird, wie Sie es möchten.
Auf einen Blick
Die Erblasserin oder der Erblasser hinterlässt das sogenannte Nachlassvermögen. Diesen Nachlass erhalten alle Erbinnen und Erben, die zusammen eine Erbengemeinschaft bilden. Sie erlangen mit dem Nachlass auch Rechte und Pflichten, denn sie gehen mit der Annahme der Erbschaft vollumfänglich in deren Rechtsstellung (die sogenannte Universalsukzession) ein und übernehmen alle Guthaben (Aktiven) und sämtliche Schulden (Passiven) der bzw. des Verstorbenen.
Ein Vermächtnis («Legat») legt fest, dass einzelne Gegenstände («Sachlegat») oder vorgegebene Geldbeträge («Barlegat») an bestimmte Personen oder Institutionen fallen. Vermächtnisnehmerinnen und -nehmer sind nicht Teil der Erbengemeinschaft. Sie haben nur Anspruch auf das ihnen zugewiesene Vermächtnis. Vermächtnisnehmerinnen und -nehmer haften nicht für die Schulden der Erblasserinnen und Erblasser. Vermächtnisse müssen in einem Testament oder Erbvertrag ausgesprochen werden
Erbe bzw. Erben | Vermächtnisnehmerin bzw. Vermächtnisnehmer | |
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Rechtsgrundlage | Art. 457 ff. ZGB |
Art. 484 ff. ZGB |
Einsetzung |
Von Gesetzes wegen (gesetzliche Erbinnen und Erben) oder mittels letztwilliger Verfügung (Testament oder Erbvertrag) |
Nur mittels letztwilliger Verfügung (Testament oder Erbvertrag) |
Rechtlicher Vorgang/Erwerbsart |
Universalsukzession = Gesamtrechtsnachfolge |
Singularsukzession = Einzelrechtsnachfolge |
Rechtliche Stellung der Begünstigten |
Dinglicher Anspruch (stärker) |
Obligatorischer Anspruch (schwächer) |
Mitglied der Erbengemeinschaft |
Ja |
Nein |
Haftung für Schulden des Erblassers |
Ja |
Nein |
Folge der Ausschlagung |
Erbenstellung wird beseitigt |
Vermächtnis bleibt bestehen |
Vorteile |
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Nachteile |
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Seien Sie bei der Wortwahl und den entsprechenden Formulierungen Ihres Testaments präzise, denn Vermächtnis und Erbschaft sind nicht das Gleiche!
Beispielsweise lässt die Formulierung «Ich vermache meinem Patenkind Leo das Monet-Bild» bei einer rein sprachlichen Auslegung auf ein Vermächtnis schliessen. Bei der Formulierung «Ich vererbe meinem Enkel Emil mein Ferienhaus in Davos» müsste konsequenterweise davon ausgegangen werden, dass der Erblasser den Enkel als Erben einsetzen und diesem das Ferienhaus als Teilungsvorschrift zuweisen wollte.
Im allgemeinen Sprachgebrauch werden aber «vererben» und «vermachen» häufig synonym verwendet, und es könnte argumentiert werden, dass der Erblasser entgegen dem gewählten Wortlaut dem Enkel ein Sachvermächtnis in Form des Ferienhauses ausrichten wollte. Die unglückliche Wortwahl des Erblassers kann Verwirrung stiften. Die Bezeichnung «Erbe» oder «Vermächtnis» stellt lediglich ein Indiz dar. Massgebend für die Frage, ob eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis vorliegt, ist der mutmassliche Wille des Erblassers. Testamente müssen für Dritte einfach lesbar, verständlich und nachvollziehbar sein. Es muss klar aus ihnen hervorgehen, wen die Erblasserin oder der Erblasser in welcher Form begünstigen wollte.
Beispielformulierungen
Vergessen Sie vor lauter Vermächtnissen die Erbinnen und Erben nicht und grenzen Sie die Vermächtnisse ein! Vermächtnisse werden vor der Erbteilung ausgerichtet, und Sie müssen sicherstellen, dass pflichtteilgeschützte Erben trotzdem den Pflichtteil des gesamten Nachlasses erhalten.
D. h., Sie müssen trotz Vermächtnissen Erbinnen bzw. Erben einsetzen – insbesondere dann, wenn Sie von der gesetzlichen Erbfolge abweichen wollen. Sonst kommt die gesetzliche Erbfolge zum Zug!
Ein Vermächtnis wird wie ein Erbe besteuert. Wenn nichts Gegenteiliges verfügt wird, müssen der Vermächtnisnehmer bzw. die Vermächtnisnehmerin für die Steuern aufkommen, die im Zusammenhang mit dem Vermächtnis stehen.
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