CIO Kommentar, Montag, 06. Februar 2023
In der ersten Februarwoche haben sowohl die US-Notenbank Fed als auch die Europäische Zentralbank EZB die Leitzinsen angehoben. Die Fed hat nach vier Jumbo-Schritten von +0.75% und einem Schritt von +0.5% im Dezember ihr Tempo weiter verringert und die Zinsen am 1. Februar bloss noch um +0.25% angehoben. Damit liegen die USD-Leitzinsen bei 4.75%, was schon sehr nah am erwarteten «Ende der Fahnenstange» bei etwa 5% bis 5.5% liegt.
Die EZB ist mit mehr Schwung unterwegs und hat am 2. Februar den Leitzins (Refinanzierungssatz) um 0.5% auf 3% angehoben. Weitere Zinsschritte nach oben werden erwartet, aber viel mehr als 0.5% bis 0.75% dürften nicht dazu kommen.
Die Schweizerische Nationalbank SNB wird erst am 23. März den nächsten planmässigen Zinsentscheid fällen. Erwartet wird eine weitere Anhebung. Unklar ist derzeit, ob man 0.5% oder 0.25% erwarten soll.
Insgesamt dürfe die globale Zinswende bis zum Sommer aber komplett vollzogen sein. Im weiteren Jahresverlauf wird die Entwicklung der Inflation bestimmen, ob eine Diskussion über Zinssenkungen Fahrt aufnimmt. Für den Kampf gegen hohe Inflation sind USD-Zinsen von 5% und mehr vertretbar und wohl sogar notwendig. Dennoch dürften sie mit Blick auf volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen über die mittlere Frist zu hoch sein.
Die US-Wirtschaftsleistung wächst im Trend moderat mit etwa 3% und für 2023 ist unterdurchschnittliches Wachstum zu erwarten. Auch die demographische Entwicklung, welche vom Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus der Erwerbstätigkeit geprägt ist, sorgt für eine stabile oder gar schrumpfenden Bevölkerungszahl in den USA.
In einer hochentwickelten Volkswirtschaft mit moderatem Wachstumspotenzial und kaum wachsender Bevölkerung sind über längere Zeiträume eher tiefe Zinsen zu erwarten. Selbst der, aufgrund des technologischen Fortschritts, erwartete Anstieg der Produktivität menschlicher Arbeit ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht erfolgt. Sollte dies weiterhin so bleiben, dann spricht dies ebenfalls für tiefe Zinsen. Somit ist es plausibel, dass «USD-Kampfzinsen» gegen die hohe Inflation nicht sehr lange Bestand haben sollten.
Im vergangenen Jahr ist die US-Wirtschaft selbst im dritten und vierten Quartal trotz rekordschneller Leitzinserhöhungen kräftig gewachsen. Die bisherige Wachstumsrate von knapp 3% dürfte sich in 2023 merklich verlangsamen. Wichtige Konjunkturindikatoren haben sich von expansivem in kontraktives Gebiet zurückentwickelt. Beispielsweise der US-Einkaufsmanager für die Industrie ist von Werten über 60 aus dem Anfang von 2022 auf einen Wert von 47.4 für Januar 2023 gefallen. Entsprechend erwartet man für das erste und zweite Quartal 2023 bescheidene Zahlen für die Entwicklung des US-Brutto-Inlandproduktes (BIP).
Die Arbeitsmärkte reagieren bekanntlich zeitlich nachlaufend auf die konjunkturelle Entwicklung. In den US-Arbeitsmarktzahlen für den Januar 2023 ist, etwas überraschend, noch rein gar nichts von einer konjunkturellen Verlangsamung zu sehen. Die US-Arbeitslosen-Rate fällt auf 3.4% und liegt somit auf einem 53-Jahrestief. Auch die Zahl der im Januar neu geschaffenen Stellen ausserhalb der Landwirtschaft liegt mit ca. 500'000 auf Hochkonjunktur Niveau. Die Lohn-Preis-Spirale dreht in den USA weiter mit Lohnsteigerungen von durchschnittlich etwa 4.5% pro Jahr. Die US-Notenbanker brauchen jetzt gute Nerven, in ihrer Hoffnung, dass die bereits kräftig angezogene Konjunkturhandbremse nun doch endlich spürbar greifen möge.
Mit Spannung wartet man nun auf die US-Inflationszahlen für den Monat Januar, welche am 14. Februar veröffentlicht werden.
Unter dem Strich bleiben wir zuversichtlich, dass die Aktienmärkte ihre Erholung von den Verlusten aus 2022 auch im Februar fortsetzen können. Entsprechend halten wir an unserer deutlichen taktischen Übergewichtung von Aktien gegenüber Obligationen fest.
Die US-Notenbank hat bisher starke Nerven gezeigt. Sie hat ihren Kurs - unbeirrt durch schon fast zu gute Wirtschaftsdaten - gehalten. Paradoxerweise wären schwächere Konjunkturnachrichten in den kommenden Monaten sogar eine gute Nachricht für die Aktienkurse. Sie würden bestätigen, dass die US-Notenbank das Bremsmanöver im Kampf gegen die Inflation erfolgreich angesetzt hat und dass Zinsen von gut 5% bereits ausreichen um die noch hohe Inflation erfolgreich zu dämpfen.
Die Spannungen in den diplomatischen Beziehungen zwischen China und den USA trüben heute an den Aktienbörsen die Stimmung.
Obwohl China auch während der Trump-Administration wiederholt Ballone in grosser Höhe über das US-Staatsgebiet fliegen liess, scheint die US-Regierung jetzt eine härtere Vorgehensweise gewählt zu haben. Dies belegen die steigende Verstimmung und Rivalität zwischen den beiden Mächten. Der erfolgreiche Popsong «99 Luftballons» der deutschen Sängerin Nena erhält damit unerwartet eine neue und besorgniserregende Aktualität.
Der Schweizer SMI-Index fällt am heutigen Montag. Er verliert aktuell etwa 0.9%. Der deutsche DAX-Index fällt ebenfalls um etwa 0.9%. Auch für die US-Aktienbörsen wird heute mit einer moderat negativen Eröffnung von etwa -0.5% gerechnet (Stand ca. 10:20 Uhr, 6.2.2023, Basel Zeit).
Die regelbasierte Strategie liegt für 2023 bei +3.0% (Kurs per Fr. 3.2.2023). Die Performance für 2022 beträgt -12.3%. Die Aktienquote in der regelbasierten Strategie wurde aufgrund des Trendfolgemodells leicht angehoben und liegt aktuell bei rund 34%.