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Marktausblick

Zölle schlagen sich in US-Wirtschaftsdaten nieder

CIO Kommentar, Montag, 11. August 2025

Symbolbild für Zölle, Import und Handel: Ein Container, der wie die US-Flagge angemalt ist, wird mit dem Kran heruntergelassen, um verfrachtet zu werden
Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research
Nachdem in den vergangenen Monaten die erratische Zoll- und Handelspolitik der Trump-Administration zunächst hauptsächlich in Stimmungsindikatoren ihren Niederschlag fand, werden langsam, aber sicher auch im realwirtschaftlichen Zahlenwerk Bremsspuren sichtbar.

Das eindrücklichste Beispiel stellt der am 1. August veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht dar, bei welchem speziell die neu geschaffenen Stellen deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Dies insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass die Werte für die Monate Mai und Juni stark nach unten revidiert werden mussten. Die Folgen waren erstens ein zumindest kurzer Ausverkauf bei Aktien und zweitens die Entlassung der Chefin des Amtes für Arbeitsmarktstatistik durch Donald J. Trump. Der US-Präsident begründete diese mit dem Vorwurf einer Manipulation der veröffentlichten Daten. Dabei ist es wichtig, zu wissen, dass das Amt für Arbeitsmarktstatistik über einen sehr guten Ruf verfügt, keine Beweise für eine
Manipulation vorgelegt wurden und Revisionen – auch in grösserem Umfang – immer wieder vorgenommen werden.
Gerade vor dem Hintergrund der erratischen Zoll- und Handelspolitik der Vereinigten Staaten sowie der Erhebungsmethodik sind Revisionen auch im nun erfolgten Umfang deshalb durchaus nachvollziehbar.

Tiefere US-Leitzinsen wieder wahrscheinlicher

Die schwachen US-Arbeitsmarktdaten wie auch tiefer als erwartet ausgefallene Stimmungsindikatoren – sowohl der Einkaufsmanagerindex (ISM) für die Industrie wie auch jener für den Dienstleistungsbereich sind gesunken – haben die Ausgangslage für die US-Notenbank (Fed) verändert. Diese stand im laufenden Jahr bislang an der Seitenlinie und beobachtete die konjunkturelle Entwicklung. Sie hat ihre Leitzinsen 2025 bisher nicht weiter gesenkt. Dies war auch nicht nötig.
«Entsprechend werden zwischenzeitlich für den Rest des Jahres wieder zwei Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte seitens der US-Notenbank eingepreist.»
Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research
Die US-Wirtschaft zeigte sich einerseits in einer soliden Verfassung, andererseits droht von den hohen Importzöllen ein Anstieg der Inflation. Mit den jüngst veröffentlichten Wirtschaftsdaten hat sich das Bild verändert, der robuste Zustand des Arbeitsmarktes scheint Makulatur. Entsprechend werden zwischenzeitlich für den Rest des Jahres wieder zwei Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte seitens der US-Notenbank eingepreist. Während also die schwachen Arbeitsmarktdaten die Börsen kurzfristig belastet haben, sorgen die Aussichten auf sinkende Leitzinsen für eine gewisse Unterstützung.

Unsicherheiten für die Börsen bleiben bestehen

Die vergangenen Tage und Wochen zeigen einmal mehr, wie stark die Unsicherheiten für die wirtschaftliche Entwicklung mit der zweiten Präsidentschaft von Donald J. Trump gestiegen sind. Verträge werden von heute auf morgen einseitig aufgehoben, gültige Ordnungsrahmen sind hinfällig und das Recht des Stärkeren hält allem Anschein nach Einzug in zwischenstaatlichen
Beziehungen. Und selbst wenn mit der US-Administration Einigkeit erzielt werden konnte, handelt es sich bei den Vereinbarungen in aller Regel nur um Rahmenverträge. Bei diesen sind wichtige Details noch nicht geklärt, was Nachverhandlungen erforderlich macht. Die Tatsache, dass im Zollpoker wirtschaftliche Aspekte mit politischen Zielen (siehe bspw. Brasilien) verknüpft
werden, verschärft die Gemengelage. Dabei gilt zwischenzeitlich scheinbar die Maxime: Nach dem Deal ist vor dem Deal.

Für betroffene Unternehmen stellt die Situation ein hohes Mass an Unsicherheit dar. Schliesslich kann niemand garantieren, dass dem aktuellen US-Präsidenten in einigen Wochen oder Monaten die erzielten Kompromisse noch genehm sind, er sie also nicht einseitig wieder aufhebt und der Zollpoker von Neuem beginnt. Wie gesagt, es geht dabei nicht mehr nur um wirtschaftspolitische Ziele, der Zollhammer wird auch zur Durchsetzung anderweitiger Interessen verwendet.

Prognose

Für die konjunkturellen Aussichten bedeutet das ein anhaltend hohes Mass an Ungewissheit. Entsprechend gehen die Prognosen (Quelle: Bloomberg) beispielsweise für das US-BIP im laufenden Jahr weiter deutlich auseinander. Die Spannweite der Prognosen reicht von +0,5% bis +3%. Dabei ist die Hälfte des Jahres bereits vorbei und die Prognoseunsicherheit für 2025 sollte
eigentlich geringer sein. Gleiches gilt für die US-Inflationsrate. Hier reicht die Bandbreite für das 4. Quartal 2025 von 1,7% bis 5%. Aufgrund der anhaltend hohen Unsicherheiten erachten wir eine Positionierung nahe der strategischen Quote als sinnvoll, wir sind bei Aktien neutral gewichtet.

Heutige Marktentwicklung

Der Schweizer Aktienindex (SMI) startet mit einem Plus von 0,5 % in die neue Handelswoche. Der deutsche Aktienindex (DAX) hat dagegen mit einem leichten Minus von 0,4 % die neue Woche eröffnet. Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Futures-Börsen eine uneinheitliche Handelseröffnung (Stand ca. 10:05 Uhr, 11. August 2025, Basel Zeit).

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