CIO Kommentar, Montag, 14. Juli 2025
Wie am Markt erwartet, wurde die Einführung höherer US-Importzölle erneut verschoben. Die Frist vom 9. Juli ist zwischenzeitlich Makulatur, als neuen Termin hat Donald J. Trump den 1. August festgelegt. In den vergangenen Tagen wurden zudem zahlreiche Briefe mit den dann für die betroffenen Länder geltenden höheren Zolltarife versendet. Dabei hat sich einmal mehr gezeigt, dass es bei den Zöllen nicht nur um wirtschaftliche, sondern auch um politische Themen geht. Dies zeigt exemplarisch der für Brasilien aufgerufene Zoll von 50%, der unter anderem mit dem Gerichtsverfahren gegen den früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro begründet wird.
Generell ist festzustellen, dass die in den von der US-Regierung versandten Briefen genannten Zolltarife i. d. R. über denen liegen, die am 2. April angekündigt wurden. Dies gilt auch für die EU, die sich nun einer Zolldrohung von 30% gegenübersieht. Würden die nun genannten Zölle Realität, wäre das schmerzhaft für die Weltwirtschaft, die Konjunkturdynamik würde sich abschwächen. Für die US-Wirtschaft wäre es aber ein Desaster. Da die Vereinigten Staaten faktisch mit der gesamten Weltgemeinschaft im Zollstreit liegt, wäre auch die gesamte Importquote von rund 14% des BIP (also das, was die USA insgesamt an Waren einführen) von den hohen Zöllen betroffen. Die Folgen bei den nun genannten Zolltarifen wären sehr stark steigende Teuerungsraten und die reale Gefahr einer Rezession. Dies ist weder im Sinne der USA noch kann es im Sinne des US-Präsidenten sein. 2026 stehen die Midterms an, also die Wahlen zum Repräsentantenhaus und zu Teilen des Senats. Donald J. Trump kann es sich bei den knappen Mehrheiten im Kongress eigentlich nicht leisten, die US-Konjunktur in eine Rezession zu führen. Die nun genannten Zolltarife gehören deshalb aus unserer Sicht zur Verhandlungstaktik der US-Administration, um den besten aller möglichen «Deals» für die USA zu erzielen.
Somit bleibt vorerst alles beim Alten. Das Damoklesschwert der US-Zölle schwebt weiterhin über den Finanzmärkten. Wir gehen davon aus, dass am Ende zumindest mit den wichtigen Handelspartnern zunächst Rahmenverträge vereinbart werden, um dann in Ruhe Detailfragen zu klären. Der Basiszoll von 10% scheint aber gesetzt, wir rechnen nicht damit, dass sich an diesem noch etwas ändern wird.
Für Anlegerinnen und Anleger ist es angesichts des Hin und Her ratsam, dass sie einen kühlen Kopf bewahren sollten. Die von den USA vom Zaun gebrochenen Zollstreitigkeiten bedeuten nicht das Ende der globalen Wirtschaft, sondern führen kurzfristig allenfalls zu einer weiteren Abschwächung der weltweiten Konjunkturdynamik. Dies gilt insbesondere für die Wirtschaft der USA, deren Konsumenten am stärksten negativ von der erratischen Zoll- und Handelspolitik der Vereinigten Staaten betroffen sind. Die Auswirkungen der Zölle für die Vereinigten Staaten kann man sehr gut an der Reaktion des Kupferpreises in der vergangenen Woche ablesen. Nach der Ankündigung der Zölle von 50% auf alle Kupferimporte stiegen die Kupferpreise in den USA deutlich an, während sie beispielsweise an der London Metal Exchange (LME) unter Druck gerieten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Ausbau der US-Kupferförderung nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen ist, sondern Jahre dauern dürfte. Und das vor dem Hintergrund, dass Kupfer aus unserem Alltag nicht wegzudenken ist. Sei es beim Einsatz in elektronischen Produkten, im Bauwesen, in der Industrie oder der Energiewende (Strominfrastruktur, Energiespeichersystem, etc).
Bleibt es teils bei exorbitant hohen Zöllen (bspw. bei Brasilien), so werden sich die Handelsbeziehungen und damit auch die globalen Lieferketten mittel- bis längerfristig stärker verändern. Alte Geschäftsbeziehungen werden beendet, neue Opportunitäten tun sich auf. Wir raten deshalb gerade in Phasen, wie wir sie aktuell erleben, an den gewählten – möglichst breit diversifizierten – Strategien festzuhalten.
«Es gibt für das Fed entsprechend keinen Grund, bereits heute eine expansivere, also die Konjunktur stimulierende Geldpolitik, umzusetzen und die Leitzinsen zu senken.»Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research
Entgegen den Forderungen des US-Präsidenten dürfte die Notenbank der USA (Fed) vorerst an der Seitenlinie stehen bleiben und das Spiel – sprich die Auswirkungen der Zoll- und Handelspolitik auf Konjunktur und Inflation der Vereinigten Staaten – weiter beobachten. Momentan sind noch keine tieferen Spuren in den harten Wirtschaftsdaten, also der Industrieproduktion, der Arbeitslosenquote, der Teuerungsraten etc. festzustellen. Es gibt für das Fed entsprechend keinen Grund, bereits heute eine expansivere, also die Konjunktur stimulierende Geldpolitik, umzusetzen und die Leitzinsen zu senken. Am Markt ist für den kommenden Sitzungstermin am 30. Juli 2025 entsprechend keine Leitzinssenkung in den USA eingepreist.
Mit Spannung warten Marktteilnehmer deshalb auf Daten, die Aufschluss über das weitere Vorgehen der Verantwortlichen geben können. Morgen (15. Juli) stehen unter anderem die US-Konsumentenpreise auf der Agenda. Die verfügbaren Prognosen (Bloomberg) signalisieren einen Anstieg der breiten Inflationsrate im Juni auf 2,6% (Mai: 2,4%).
Der Schweizer Aktienindex (SMI) ist leicht schwächer (-0,3%) in die neue Handelswoche gestartet. Der deutsche Aktienindex (DAX) wird gemäss Future 1% tiefer erwartet. Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Futures-Börsen ebenfalls eine etwas schwächere Börseneröffnung von -0,5%(Stand ca. 9:00 Uhr, 14. Juli 2025, Basel Zeit) .