CIO Kommentar, Montag, 16. September 2024
Ein zentrales finanzpolitisches Thema wird im Wahlkampf weder von Trump noch von Harris direkt angesprochen. Mit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise vor 15 Jahren und der COVID-19-Pandemie hat die US-Staatsverschuldung von rund 40% auf fast 100% relativ zur US-Wirtschaftsleistung zugenommen.
Dies bedeutet, dass die US-Staatsverschuldung die Grössenordnung von 27 Billionen USD erreicht hat - ausgeschrieben also 27'000'000'000'000 USD. Damit liegt sie in Relation zur Wirtschaftsleistung (BIP) so hoch wie zuletzt am Ende des zweiten Weltkriegs. Das überparteiliche «Congressional Budget Office» (CBO) stellt dem US-Kongress (und der Öffentlichkeit) eine Prognose zur weiteren Entwicklung der US-Staatsverschuldung zur Verfügung. Die CBO-Prognose wird unter der Annahme erstellt, dass die aktuelle (Steuer-) Gesetzgebung unverändert beibehalten wird.
Die Prognosen sind im Rückblick der letzten 10 Jahre zutreffend und sie erwarten gegenwärtig eine weitere starke Ausdehnung der US-Staatsverschuldung bis auf rund 120% des US-BIP bis 2035.
Seit 2010 hat der US-Staatshaushalt einen Ausgabenüberschuss von durchschnittlich rund 5% des BIP. Dieser permanente Ausgabenüberschuss führt über die Zeit zum oben beschriebenen Schuldenwachstum. Einfach zusammengefasst sind also die US-Bundesausgaben chronisch höher als die Steuereinnahmen und führen zu höherer Verschuldung. Dabei dürfen sich in den USA die Bundesstaaten, mit unwesentlichen Ausnahmen, selbst nicht verschulden, sie können also nicht mehr als ihre Steuereinkünfte ausgeben. Die US-Staatsschulden kumulieren sich somit im Wesentlichen auf der Bundesebene.
Die Wahlprogramme von Trump und Harris sehen keine Umkehr des Schuldentrends vor. Im Gegenteil, sowohl Trumps Steuersenkungen als auch Umschichtungen die Kamala Harris in Aussicht stellt, werden gemäss Schätzungen verschiedener Experten etwa 4 bis 6 Billionen USD respektive bei Harris etwa 2 USD Billionen zusätzlich zur CBO-Prognose an Staatsverschuldung verursachen.
Allein Trumps Plan zur Senkung der Unternehmenssteuern von 21% auf 15% und die Streichung der Einkommenssteuer auf Sozialversicherungsleistungen würde Steuerausfälle von mehreren 100 Milliarden pro Jahr bedeuten. Aber auch die Pläne von Kamala Harris die Steuerfreibeträge für Kinder unter 5 Jahren zu erhöhen und Eigenheimkäufe mit 25'000 USD zu finanzieren, führen trotz der geplanten Erhöhung der Unternehmenssteuern von 21% auf 28% zu einem massiv höheren Haushaltsdefizit.
Das US-Schatzamt (Treasury) veröffentlicht monatlich die Ausgaben- und Steuereinnahmen Statistik (Monthly Treasury Statement: Receipts and Outlays of the United States Government). Darin ist leicht zu finden, dass die US-Zolleinnahmen, trotz bereits hoher Zölle, im Kontext des Gesamthaushalts mit rund 80 Milliarden pro Steuerjahr (Oktober bis September) nur rund 1,5% aller Steuereinnahmen darstellen. Die Idee Trumps die Steuersenkungen mittels Zölle zu kompensieren, ist zahlenmässig also wenig nachvollziehbar. Das ist zumindest die Analyse von Steuerexperten verschiedener Institutionen.
Bei dieser Ausgabenfreude über das gesamte politische Spektrum hinweg, muss man sich fragen, wie lange dieser wenig nachhaltige Haushaltsstil weitergeführt werden kann. Der USD bleibt die unangefochtene Leitwährung und US-Staatsanleihen werden zu etwa zwei Dritteln von US-Investoren im Inland gehalten.
Ökonomen von Princeton, Harvard und Chicago haben versucht eine rein ökonomische Schuldenbelastungsgrenze zu modellieren. Dabei könnten die USA ihre Staatsverschuldung im Prinzip bis auf etwa 200% des BIP erhöhen, ohne dass die Finanzierbarkeit des Schuldenbergs aus dem Ruder laufen würde.
Diese hohe Zahl gleicht aber etwas der Aussage, dass ein U-Boot rein theoretisch bis 200 Meter Tiefe tauchen könne, zumindest falls nichts Unerwartetes geschieht. Es mag hilfreich sein diese theoretisch höchste ökonomisch fundierte Belastungsgrenze zu kennen, es ist aber nicht empfehlenswert diese Tiefen mit der US-Wirtschaft als Ganzes tatsächlich auszutesten.
Somit ist zu erwarten, dass früher oder später ein schmerzhafter Sparkurs auf die Ausgabenfreude der letzten Jahre folgen könnte, zumal die Ausgabenfreude in Zeiten eines insgesamt wirtschaftlich moderat freundlichen Jahrzehnts stattfand. Die US-Staatsverschuldung bleibt somit kein Thema, bis es über Nacht zum Hauptthema werden könnte.
Nebst der US-Schuldenentwicklung sind auch die erwartete Senkung der US-Leitzinsen und das Inflationsrisiko Faktoren, die eine Anlage in Gold strategisch prüfenswert machen.
In unseren angebotenen Anlagestrategien halten wir am Einsatz von Gold mit einer Gewichtung im Bereich von 5% weiterhin fest. Die am 18. September, als erste einer ganzen Serie, erwartete USD-Leitzinssenkung der Fed passt also gut ins Gesamtbild für Anlagen in Gold.
Der Schweizer Aktienmarkt ist wenig verändert in die neue Woche gestartet. Der deutsche Aktienindex (DAX) notiert aktuell mit 0,3% leicht im Minus. Die US-Aktienmärkte werden gemäss den Futures Börsen heute Nachmittag ebenfalls wenig verändert erwartet (Stand ca. 12:15 Uhr, 16. September 2024, Basel Zeit).