CIO Kommentar, Montag, 22. August 2022
Der Referenzpreis für Gas an der Holländischen Energiebörse ICE Endex erreicht einen neuen Höchststand.
Die Ankündigung Russlands eines neuen Wartungsfensters für die Nord Stream 1 Pipeline hat offenbar erneut die Befürchtung einer weiteren Reduktion der Gaslieferungen aus Russland erzeugt.
Inzwischen ist es wahrscheinlich geworden, dass für Deutschland im Winter eine geregelte Rationierung der Gaslieferungen an die Industrie notwendig wird.
Bisher scheint es dem Wirtschafts-Minister Robert Habeck nicht gelungen zu sein mit Qatar, Kanada oder Norwegen mehr Gaslieferungen auf dem Seeweg zu vereinbaren.
Dass Deutschland erwägt, die umstrittene Atomenergie noch einige Monate länger als geplant zu nutzen, kann zwar die Stromversorgung stabilisieren, trägt aber nicht zur Schliessung der Gasversorgungslücke signifikant bei.
Der Krieg in der Ukraine könnte nun in eine entscheidende Phase treten, nachdem es den russischen Streitkräften in den letzten Monaten nicht gelungen ist, signifikante und nachhaltige Gebietsgewinne zu erzielen. Die ukrainische Armee kann nun sogar militärische Ziele in der Krim angreifen und könnte im Gebiet Kherson eine Gegenoffensive starten. Die Aussichten auf eine stabile diplomatische Lösung bleiben derzeit aber schlecht. Russland könnte sich aber gezwungen sehen einen Kompromiss zu suchen, um zumindest eine längere Kampfpause zu erzielen.
Der Druck auf die russische Führung steigt, da die Rechtfertigung für diese sogenannte militärische Spezialoperation mit jedem militärischen Misserfolg und mit steigenden Verlusten an Mensch und Material immer unglaubwürdiger wird.
Die mögliche Energieversorgungskrise in Europa über den Winter dominiert den Nachrichtenfluss an den Aktienbörsen und sorgt am heutigen Montag für Kursverluste.
Am Freitag, 26.8. wird der US-Notenbank Präsident Jerome Powell am traditionsreichen Zentralbanker Symposium in Jackson Hole eine Rede zur aktuellen geldpolitischen Lage halten.
Die Börsen warten gespannt auf Powells Aussagen, um das künftige Zinsumfeld einschätzen zu können. Dabei ist die Möglichkeit, dass die FED die Zinsen noch stärker anheben muss als bisher signalisiert wurde ein Risiko für die Aktienbewertungen. Mit einer Arbeitslosigkeit von unter 3% und starker Inflation von über 7% ist die Gefahr einer hartnäckigen Lohn-Preis Spirale in den USA durchaus real. Ob Leitzinsen im Bereich von 3% ausreichen um die Inflationserwartungen definitiv zu dämpfen, wird gegenwärtig kontrovers diskutiert. Jerome Powell wird sich dazu am Freitag positionieren müssen.
Im September werden die Fed, die EZB und die SNB die Leitzinsen wohl nochmals anheben. Mit Hinblick auf die sich abschwächende europäische Konjunktur hat die EZB eine besonders delikate Aufgabe, denn die weitere Anhebung der Zinsen könnte die europäische Konjunktur in einer verwundbaren Phase unnötig belasten. Somit sind wohl eher zaghafte Leitzinsanpassungen für den Euro zu erwarten.
Sollte die SNB die Zinsen gemäss Markterwartungen dennoch um 0.50% neu auf +0.25% anheben, könnte der schon deutlich aufgewertete Franken zum Euro (aktuell EURCHF unter 0.96) sogar noch stärker werden.
Die seit Mitte Juni andauernde Erholung an den Aktienmärkte ist nun ins Stocken geraten.
Der SMI-Index verliert heute etwa 0.5%. Der deutsche DAX-Index fällt gar über 1.50%.
Für die US-Aktienmärkte wird nach den Verlusten vom Freitag heute erneut mit einer negativen Eröffnung gerechnet (Stand ca. 12:30 Uhr, 22.8.2022, Basel Zeit).