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Marktausblick

Konjunkturstabilisierung in der Eurozone – aber keine deutliche Verbesserung

CIO Kommentar, Montag, 27. November 2023

Dr. Sandro Merino, Chief Investment Officer

Nachdem sich die Frühindikatoren in der Eurozone in den letzten Monaten abgeschwächt haben, scheint nun der Boden erreicht. Die jüngsten Daten seitens der Einkaufsmanagerindizes (vorläufige Daten) zeigen eine Stabilisierung der Indikatoren. Die veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes der Industrie liegen aber nach wie vor unter der kritischen 50-Punkte Marke. Die Indikatoren aus dem Dienstleistungsbereich werden knapp darunter notiert.

Positiv ist zu werten, dass der Indikator für Deutschland sowohl im Industrie- wie auch im Dienstleistungsbereich im Oktober leicht zulegen konnte. Auch der deutsche Ifo-Index zeigt ein ähnliches Bild. Dieser ist zum dritten Mal in Folge leicht gestiegen, wenn auch etwas weniger stark als erwartet. Stark unter Druck bleibt aber die Stimmung im Bauhauptgewerbe. Dies ist unter anderem auf die deutlich verschärften Finanzierungsbedingungen infolge der restriktiven Geldpolitik der EZB zurückzuführen.

Deutsche Haushaltskrise erzeugt Unsicherheit für das Wirtschaftswachstum 2024

Aussetzen der Schuldenbremse als Lösung für den deutschen Bundeshaushalt

Inwieweit die aktuelle Diskussion um den deutschen Bundeshaushalt die Stimmung unter den Unternehmen zusätzlich belasten wird, ist offen. Zumindest für den Bundeshaushalt 2023 scheint mit dem erneuten Aussetzen der Schuldenbremse eine Lösung gefunden. Für 2024 ist aber aktuell noch völlig offen, wie mit der Differenz zwischen geplanten Ausgaben und Einnahmen umzugehen ist. Je nach Schätzung beläuft sich diese auf rund 1% des BIP.

Eine solche Situation ist nicht wirklich neu, sie hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Auch die Finanzierbarkeit wäre ohne die 2009 beschlossene Schuldenbremse (die im Grundgesetz verankert ist) nicht das Problem, hat doch Deutschland mit einer Verschuldungsquote von knapp 65% des BIP im europäischen, wie auch im internationalen Vergleich eine tiefe Verschuldungsquote.

Eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse für 2024 wäre zwar prinzipiell möglich, dies ist aber politisch heftig umstritten. Es wird zunehmend schwieriger, eine Aussetzung der Schuldenbremse verfassungsrechtlich zu begründen, je länger das Ereignis – also beispielsweise der Krieg Russlands gegen die Ukraine – bereits bekannt ist. Ist diese Option der Begründung einer Notlage am Ende versperrt, bliebe der Ampelkoalition nur der Weg über höhere Einnahmen (also Steuern und Abgaben) oder tieferen Ausgaben. Beides birgt zum einen ein hohes Konfliktpotential in der Regierung, zum anderen wären auch Steuer- und Abgaben finanzierte Ausgaben weniger wachstumsfördernd als die bislang vorgesehene kreditfinanzierte Fiskalpolitik.

Somit steht nach dem Karlsruher Verfassungsgerichtsurteil zwar nicht die finanzielle Solidität Deutschlands auf dem Spiel, wohl aber die verhalten positiven Erwartungen für die deutsche Konjunktur in 2024.

Auch andere Länder deckeln ihre Staatsausgaben

Ebenfalls laufen grundsätzliche Diskussionen zur Ausgestaltung der Schuldenbremse. Nachdem die Einführung des Euros den einzelnen Mitgliedstaaten eine auf die nationale Wirtschaft massgeschneiderte Geldpolitik nicht mehr ermöglicht, fällt mit einer starren Schuldenbremse auch die Möglichkeit weg, über Staatsausgaben ausgleichend auf den Konjunkturverlauf einzuwirken.

Gleichzeitig, finanzieren die USA durch neue Staatsverschuldung ein grosses staatliches Investitionsprogramm in Infrastruktur und Energieumbau. Auch China stabilisiert derzeit seinen Immobiliensektor mit staatlich verordneten Finanzmassnahmen.

Somit hat das Urteil des deutschen Verfassungsgerichtes auch eine grundsätzliche Debatte über die Rolle des Staatshaushaltes bei der Finanzierung von wichtigen Zukunftsinvestitionen ausgelöst.

Heutige Marktentwicklung

Der SMI-Index zeigt sich heute kurz nach Börseneröffnung nur wenig verändert. Gleiches gilt für den deutschen Aktienindex (DAX). Für die US-Aktienbörsen signalisieren die Futures für den Start in die Woche eine leicht negative Tendenz (Stand ca. 9.30 Uhr, 27.11.2023, Basel Zeit).

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