CIO Kommentar, Montag, 30. Januar 2023
Trotz vieler offener Fragen und vorhandener Risiken sind wir wie bereits verschiedentlich kommuniziert für 2023 in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung verhalten optimistisch gestimmt.
An dieser Einschätzung haben die zuletzt veröffentlichten makroökonomischen Daten nichts geändert. Vielmehr haben sich eine ganze Reihe relevanter Stimmungsindikatoren weiter leicht verbessert. Und zwar sowohl in Bezug auf die Stimmung unter den Konsumenten als auch in der Industrie.
Dies gilt auch für Deutschland, für das viele im laufenden Jahr eine Rezession erwartet haben. Ob sie kommt oder nicht ist offen. Die Chancen stehen aber gut, dass eine mögliche Rezession deutlich schwächer ausfällt, als lange Zeit befürchtet.
So konnte der deutsche Ifo-Index dank der etwas stärker als prognostiziert gestiegenen Erwartungskomponente erneut zulegen. Die Erwartungen der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe, im Dienstleistungsbereich und im Handel hellten sich weiter auf.
Einzig im Bauhauptgewerbe verharrt der Index auf dem sehr tiefen Niveau. Dies ist wenig verwunderlich, sind doch Bauwillige und Baubranche mit hohen Kosten und schlechteren Finanzierungsbedingungen (bspw. höheren Hypothekenzinsen) konfrontiert.
Für die Schweizer Wirtschaft stehen diese Woche viel beachtete Frühindikatoren auf der Agenda. So wurde heute Morgen das KOF-Konjunkturbarometer publiziert, das weiter zulegen konnte und nur noch leicht unter seinem langfristigen Durchschnitt liegt.
Am Mittwoch steht der Einkaufsmanagerindex der Industrie auf dem Programm, der sich im Dezember weiterhin im expansiven Bereich bewegte. Und am Donnerstag veröffentlicht das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO die vierteljährlich ermittelte Konsumentenstimmung, die zuletzt stark eingetrübt war.
Insgesamt gehen wir in Analogie zu anderen europäischen Ländern davon aus, dass auch bei der Schweizer Konsumentenstimmung eine zumindest leichte Aufhellung festzustellen sein wird. Die im Dezember erneut gesunkene Inflation und die sehr tiefe Schweizer Arbeitslosenquote sollten hier als Stütze dienen.
Bei den Anlegerinnen und Anlegern dürften aber die geldpolitischen Entscheidungen in dieser Woche im Vordergrund stehen. Am 1. Februar steht der Zinsentscheid der US-Notenbank auf der Agenda, am 2. Februar der der EZB. Von beiden Zentralbanken wird eine erneute Anhebung der Leitzinsen erwartet.
Während der Markt für die Fed einen Zinsanstieg um 25 Basispunkte einpreist, wird bei der EZB mit einem Plus von 50 Basispunkten gerechnet. Die Notenbanken üben sich weiterhin im schwierigen Spagat zwischen Inflationsbekämpfung und einem "soft-landing" der Konjunktur. Bisher scheint dies der US-Fed zu gelingen, ist doch die erste Schätzung für das BIP Wachstum im 4. Quartal 2022 mit 2,9% (Quarter on Quarter, annualisiert) etwas besser ausgefallen als erwartet.
Interessant bleibt, ob und wie der Zinserhöhungspfad weitergeht. Für die US-Notenbank scheint das Ende der Fahnenstange Mitte Jahr bei knapp 5% erreicht. Die Bank of Canada hat ihren Leitzins zuletzt um 25 Basispunkte auf 4,5% erhöht – und wird ihn vorerst auf diesem Niveau belassen. Die kanadische Inflationsrate ist dabei nur leicht tiefer als die der USA.
«Von beiden Zentralbanken wird eine erneute Anhebung der Leitzinsen erwartet.»Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research
Trotz eingetrübter Aussichten für die Gewinnentwicklung halten wir aufgrund erneut leicht verbesserter Stimmungsindikatoren, stabiler Inflationserwartungen und fairen Bewertungsniveaus an der Übergewichtung der Aktien fest.
Die Konjunkturprognosen wurden zuletzt verschiedentlich leicht angehoben, die Aussichten für die wirtschaftliche Entwicklung haben sich also weiter stabilisiert, wenn auch auf niedrigem Niveau.
Der SMI-Index zeigt sich am heutigen Montag leicht schwächer. Der deutsche DAX-Index liegt mit 0.5 % im Minus. Für die US-Aktienbörsen ist heute mit einer negativen Handelseröffnung zu rechnen (Stand ca. 11:20 Uhr, 30.1.2023, Basel Zeit).