CIO Kommentar, Montag, 12. April 2021
Die Covid-19 Pandemie verursacht auch ein Jahr nach ihrem Ausbruch weltweit betrachtet weiterhin vielen Todesopfer. In Brasilien sterben derzeit täglich über 4'000 Menschen an der Virus Infektion, aber auch in Polen bleibt die Situation dramatisch. Der Impffortschritt in den meist reicheren Ländern, die sich einen Impfstoff sichern konnten, dürfte in wenigen Monaten zu einer deutlichen Verbesserung der Situation führen. Betrachtet man heute die pandemische Lage in Israel oder im Vereinigten Königreich, dann kann man daraus ableiten, wie sich die Situation in der Schweiz und in der EU bis zum Hochsommer verbessern könnte. In England werden heute wieder alle Geschäfte geöffnet. Auch die Aussengastronomie ist in England wieder erlaubt, aber leider wird das kalte Wetter nur zu einer marginalen Nutzung dieser Lockerung führen. Es könnte aber Jahre dauern, bis die Situation weltweit normalisiert sein wird. Entsprechende gesundheitliche Regelungen im globalen Reisverkehr werden heute diskutiert und teilweise schon implementiert.
Viele wirtschaftliche Indikatoren belegen, dass sich die weltweite Industrieproduktion und der Welthandel in Richtung eines post-pandemie Boom bewegt. Vor einem Monat führten die "steileren Zinskurven" zu Inflationsbefürchtungen und Schlagzeilen in der medialen Abdeckung der Finanz-märkte. Einfach erklärt, spricht man von einer "steilen Zinskkurve" wenn eine 10-jährige Festhypothek einen viel höheren Zinssatz kostet als eine 2-jährige Festhypothek. Welt-weit sind die Zinskurven historisch betrachtet heute eher flach. Und das Bisschen Steilheit das übrig ist, entsteht dadurch, dass die Zentralbanken die kurzen Laufzeiten durch tiefe Leitzinsen oder gar Negativzinsen kräftig nach unten drücken. Es zeugt aber beim Smalltalk immer von Finanzkompetenz, wenn man "flache Zinskurven" erwähnt. Merken Sie sich also den Begriff, selbst wenn Sie sich gar nicht für Finanzmarkt Fachausdrücke interessieren. Unter uns sei aber verraten, dass ausser der sprachlichen Verschleierung, oft wenig Tiefsinniges hinter dem Fachchinesisch der Finanzmärkte steckt. Seien sie also mutig und trauen sie sich zu fragen. Sie werden enttäuscht sein, wie banal die Dinge, auf Deutsch erklärt, tatsächlich sind.
Die beschwichtigenden Bemerkungen der Zentralbankvertreter haben offenbar Wirkung gezeigt. Die Situation an den Zinsmärkten hat sich beruhigt. Dennoch erwarten wir über die kommenden Quartale deutlich mehr Inflation. In Anbetracht des Einbruchs im letzten Jahr ist das kein böses Omen, sondern bloss ein Kompensationseffekt.
Trotz der weltweiten Schlagzeilen, welche die Grossverluste der Schweizer Grossbank Credit Suisse verursachen, ist die Lage an den Finanzmärkten insgesamt eher ruhig. Wichtige Aktienindices erreichten im April neue Allzeit Rekordhochs und auch der SMI notiert aktuell nur noch ganz wenig unter der Rekordmarke von 11'263 Punkten aus dem Februar 2020.
Falls sie sich, mangels wichtigerer Themen, trotzdem Fragen, wie eine Bank in wenigen Tagen 4.7 Milliarden USD mit einem einzigen Kunden verlieren kann, dann lautet die Antwort auf Fachchinesisch, dass die Bank im Collateral Management für Aktien Swap Derivate mit einem Hedge Fonds keine dynamischen Exposure Limiten vereinbart hatte und sie deswegen die Positionen nicht rasch genug liquidieren oder besichern konnte. Auf Deutsch: Die Credit Suisse hat einem US-Milliardär Kredite über mehrere Milliarden gewährt, damit dieser mit den geliehenen Milliarden hochspekulative Aktienanlagen mit drastischen Klumpenrisiken tätigen konnte. Als Sicherheiten für den gewährten Kredit dienten dabei nur die Klumpen selbst. Dabei hatte die Bank möglicherweise kein vertragliches Recht vom Kunden sehr rasch weitere Sicherheiten für den Kredit einzufordern oder direkt einzufrieren. Gründe zur Schadenfreude gibt es keine, denn diese Vorfälle Schaden dem ganzen Schweizer Finanzplatz.
Die Aktienmärkte eröffnen in der Schweiz und in Europa heute leicht schwächer mit einem Verlust von etwa -0.25%. Auch für den US-Aktienmarkt wird heute mit einer leichten Konsolidierung gerechnet. (Stand ca. 10:30 12.4.2020 Basel Zeit)