Wie am Markt erwartet, wurde die Einführung höherer US-Importzölle nochmals verschoben auf den 1. August 2025. Die jüngst von der US-Regierung genannten Zölle liegen i. d. R. über denjenigen, die am 2. April 2025 angekündigt worden waren. Auch die EU sieht sich nun einer Zolldrohung von 30% gegenüber. Würden die nun genannten Zölle Realität, wäre das schmerzhaft für die Weltwirtschaft: Die Konjunkturdynamik würde sich abschwächen. Für die US-Wirtschaft wäre es aber ein Desaster. Da die Vereinigten Staaten faktisch mit der ganzen Welt im Zollstreit liegen, wäre auch die gesamte Importquote von rund 11% des BIP (also alle Waren, die die USA einführen) von den hohen Zöllen betroffen. Die Folgen der nun genannten Zölle wären sehr stark steigende Teuerungsraten und die reale Gefahr einer Rezession. Dies ist weder im Sinne der USA noch kann es im Sinne des US-Präsidenten sein. 2026 stehen die Midterms an, also die Wahlen zum Repräsentantenhaus und zu Teilen des Senats. Donald J. Trump kann es sich bei den knappen Mehrheiten im Kongress eigentlich nicht leisten, die US-Konjunktur in eine Rezession zu führen. Die nun genannten Zölle gehören deshalb aus unserer Sicht zur Verhandlungstaktik der US-Administration, um den bestmöglichen «Deal» für die USA zu erzielen.
Somit bleibt vorerst alles beim Alten. Das Damoklesschwert der US-Zölle schwebt weiterhin über den Finanzmärkten. Wir gehen davon aus, dass am Ende zumindest mit den wichtigen Handelspartnern zunächst Rahmenverträge vereinbart werden, um dann in Ruhe Detailfragen zu klären.
Entgegen den Forderungen des US-Präsidenten dürfte die Notenbank der USA (Fed) vorerst an der Seitenlinie stehen bleiben und das Spiel – sprich die Auswirkungen der Zoll- und Handelspolitik auf Konjunktur und Inflation der Vereinigten Staaten – weiter beobachten. Momentan sind noch keine tieferen Spuren in den harten Wirtschaftsdaten, also der Industrieproduktion, der Arbeitslosenquote und der Teuerungsraten, festzustellen.
Die US-Notenbank hat die Leitzinsen seit Ende 2024 nicht weiter gesenkt, der Markt preist bis Ende 2025 zwei Zinssenkungen in den USA ein. Die US-Zölle ziehen hohe Inflationsrisiken nach sich, aber auch die Gefahr einer Stagnation bzw. gar Rezession der Wirtschaft. Somit befindet sich die US-Fed in einem Dilemma. Hingegen haben die EZB und SNB auch in diesem Jahr die Leitzinsen weiter reduziert. Bis zum Jahresende ist am Markt noch ein weiterer Zinsschritt durch die EZB eingepreist, seitens der SNB sind Negativzinsen nicht auszuschliessen. Die Folge der divergierenden Geldpolitik sind deutlich tiefere Rendite bei Obligationen in Schweizer Franken sowohl bei den kurzen als auch bei den längeren Laufzeiten. Wir rechnen für die kommenden Monate mit einem Renditekorridor bei 10-jährigen Eidgenossen zwischen 0.3% und 0.5%.
Für Anlagen in US-Dollar bedeutet dies aus Sicht von Schweizer Anlegerinnen und Anlegern aktuell recht hohe Absicherungskosten von fast 4,5% (p. a.). Dies ist bei Anlagen – gerade auch bei den Obligationen – in Fremdwährungen zu beachten. Möchte man die Währungsrisiken absichern, kann man fast genauso gut in Schweizer Obligationen investieren. Die positive Renditedifferenz in Lokalwährung zwischen US-Dollar und Schweizer Franken wird durch die Währungsabsicherung gerade bei Anleihen sehr guter Bonität faktisch von den Hedge-Kosten aufgezehrt.
Die meisten Aktienmärkte legten im 1. Halbjahr 2025 in Lokalwährung zu. Der US-Aktienmarkt erreichte Ende Juni neue Allzeithochs, in Schweizer Franken resultierte dagegen aufgrund der Dollar-Schwäche ein Minus für den S&P 500 von -7%. Der Eurostoxx 50 weist für das 1. Halbjahr in Franken eine positive Performance von gut 10% auf. Auch im Juli haben die Aktienmärkte weiter zugelegt. Das Plus beim SPI betrug per 18.Juli 2025 seit Monatsbeginn knapp 1,3%. Bislang haben sich die Zollstreitigkeiten nur in den Stimmungsindikatoren etwas stärker niedergeschlagen. Auch der als «Angstindikator» bekannte VIX Index bewegt sich weiterhin unter seinem historischen Durchschnitt und bei den Gewinnerwartungen der Analysten gab es zuletzt wenig Veränderungen. Sie sind insbesondere für den amerikanischen Aktienmarkt weiterhin positiv.
Trotz dieser scheinbar entspannten Lage an den Finanzmärkten haben wir in der vergangenen Woche die restlichen Gewinne bei den Aktienpositionen aus den Zukäufen vom 7. bis 9. April 2025 realisiert und die Aktienquote auf neutral gesenkt. Die Erlöse sind in Cash (Schweizer Franken) parkiert. Wir schaffen damit die Möglichkeit, im Falle erhöhter Volatilität ähnlich wie im April Opportunitäten zu nutzen. Wir hatten gehofft, dass positive Neuigkeiten von der Zollfront zu nochmals steigenden Aktienkursen führen könnten. Stattdessen geht der Zoll-Poker mit einer erhöhten Drohkulisse weiter. Wir erwarten zwar weiterhin, dass die Zölle so nicht kommen werden und der «beste aller Deals» zustande kommt. Es ist aber zunehmend fraglich, ob am Ende nur der 10% Basiszoll zum Tragen kommt oder ob nicht doch höhere Zölle eingeführt werden. Jeder Prozentpunkt darüber trübt die Aussichten für die globale Konjunktur weiter ein. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Unsicherheiten haben wir deshalb die restlichen Gewinne realisiert, die auf den im April gekauften Positionen angefallen waren. Eine Untergewichtung der Aktien scheint uns nicht sinnvoll, sind doch auch positive Überraschungen im Zusammenhang mit dem Zoll-Poker nicht ausgeschlossen.
Für Anlegerinnen und Anleger ist es angesichts des Hin und Her ratsam, einen kühlen Kopf zu bewahren. Die von den USA vom Zaun gebrochenen Zollstreitigkeiten bedeuten nicht das Ende der globalen Wirtschaft, sondern führen kurzfristig allenfalls zu einer weiteren Abschwächung der weltweiten Konjunkturdynamik. Bleibt es bei teils exorbitant hohen Zöllen (bspw. bei Brasilien), so werden sich die Handelsbeziehungen und damit auch die globalen Lieferketten mittel- bis längerfristig stärker verändern. Alte Geschäftsbeziehungen werden beendet, neue Opportunitäten tun sich auf. Wir raten deshalb gerade in Phasen, wie wir sie aktuell erleben, an den gewählten Strategien festzuhalten und möglichst breit zu diversifizieren, um das Risiko zu reduzieren. Zudem empfiehlt sich, den langfristigen Zeithorizont im Blick zu haben und regelmässig zu investieren.
Kennen Sie unseren neusten Investment Letter?